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Amtsgericht München, Urteil vom 29.08.2018
485 C 5290/18 WEG -

Wohnungseigentümer dürfen Terrasse nicht ohne Zustimmung der Wohnungs­eigentümer­gemeinschaft eigenmächtig vergrößern

Steinterrasse der Wohnung ist auf das im Grundrissplan angegebene Ausmaß zurückzubauen

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass eine Steinterrasse, die ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer vergrößert wurde, wieder entfernt und auf das im Grundrissplan angegebene Ausmaß zurückgebaut werden muss.

Das beklagte Ehepaar des zugrunde liegenden Streitfalls ist als Eigentümer einer Erdgeschosswohnung Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnung verfügt über eine Terrasse, an der den Beklagten ein Sondernutzungsrecht zusteht. Die Terrassengröße beträgt nach dem Grundrissplan 5,93 m². Die Beklagten verdoppelten im Frühjahr 2015 die Terrassengröße auf 12 m². In der Eigentümerversammlung vom 6. Juni 2016 wurde mehrheitlich beschlossen im Namen der Gemeinschaft den Rückbau zu verlangen. Der Rückbauaufforderung der Verwaltung kamen die Beklagten nicht nach.

Wohnungseigentümergemeinschaft hält Terrassenausbau als bauliche Veränderung für unzulässig

Die Klagepartei war der Meinung, dass es sich bei der Terrassenvergrößerung um eine bauliche Veränderung handele, von der eine optische Beeinträchtigung ausgehe. Die Terrasse sei aus jedem Fenster der darüber liegenden Stockwerkswohnungen zu sehen. Außerdem sei eine extensivere Nutzung und damit auch eine höhere Beeinträchtigung der Miteigentümer durch Lärm, Grillen, o.ä. zu erwarten. Das Sondernutzungsrecht bedinge keinen Anspruch auf Vergrößerung der bauseits vorhandenen Terrasse. Selbst wenn andere, ebenfalls ungenehmigte bauliche Veränderungen in der Anlage vorhanden wären, würde dies nicht zur Zulässigkeit der streitgegenständlichen Terrassenvergrößerung führen.

Beklagte verweisen auf nicht beanstandete bauliche Änderungen anderer Miteigentümer

Die beklagte Partei meinte, dass ein Rückbauanspruch nicht bestehe. Die Terrasse sei nicht einsehbar, es sei deswegen auch nicht zu erkennen, wodurch die Miteigentümer gestört werden sollten. Auch andere Miteigentümer hätten bauliche Maßnahmen, wie Anbauten zum Unterstellen von Fahrrädern, zusätzliche Terrassenüberdachungen, Terrassenerweiterungen, Errichtung von Sichtschutz-Vorrichtungen an ihren Terrassen vorgenommen. In der Anlage seien auch zahlreiche Satellitenschüsseln angebracht worden. Die Klägerin sei gegen keine dieser baulichen Maßnahmen bislang vorgegangen.

Zulässigkeit der baulichen Veränderung setzt Zustimmung aller Wohnungseigentümer voraus

Das Amtsgericht München gab der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft Recht. Für die Zulässigkeit dieser baulichen Veränderung sei die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Die Vergrößerung einer Terrasse ermögliche eine intensivere Nutzung des Gemeinschaftseigentums und könne zu Lärmemissionen führen. Insoweit stelle bereits die Gefahr einer intensiveren Nutzung des Gemeinschaftseigentums, an dem den Beklagten hinsichtlich der Terrassen- und Gartenflächen ein Sondernutzungsrecht zusteht, eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung dar. Darauf, ob eine solche Nutzung derzeit stattfinde oder beabsichtigt sei, komme es nicht an (BayObLG, Beschluss v. 02. 06. 1999, Az. 2Z BR 15/99).

AG bejaht Vorliegen einer optischen Beeinträchtigung

Weiter liege auch eine optische Beeinträchtigung vor. Ein nicht hinzunehmender optischer Nachteil liege bei Veränderungen vor, die sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild der Wohnanlage auswirken. Entscheidend sei, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen könne. Bei der Beurteilung sei ein strenger Maßstab anzulegen, um die grundrechtlich aus Artikel 14 GG geschützten Interessen aller Eigentümer an der Beibehaltung des äußeren Erscheinungsbildes angemessen zu berücksichtigen. Infolgedessen sei eine erhebliche Beeinträchtigung regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes vorliege. Für die Beurteilung des Nachteils sei dabei allein maßgeblich, ob die Veränderung generell von außen her wahrnehmbar sei. Bereits aus dem aussagekräftigen Lichtbild ergebe sich, dass die streitgegenständliche Terrasse jedenfalls von den darüber liegenden Balkonen ohne weiteres einsehbar sei.

Ungleichbehandlung gegenüber anderen Miteigentümern ist hinzunehmen

Der Einwand der Beklagten, dass auch weitere Terrassen baulich umgestaltet worden seien, sei nicht entscheidend, weil auch im Wohnungseigentumsrecht der Grundsatz "keine Gleichheit im Unrecht" gelte. Ein Wohnungseigentümer könne deshalb nicht verlangen, ebenfalls einen unrechtmäßigen Vorteil zu erhalten. Die beeinträchtigten Wohnungseigentümer seien nicht verpflichtet, gegen alle Störer gleichmäßig vorzugehen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.03.2019
Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm)

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Kommentare (1)

 
 
Henky schrieb am 22.03.2019

Manchmal, in tiefster dunkler Nacht, am Rande der Erträglichkeit von Egomanie und Dummheit, befürworte ich Strafen wie in zB Indonesien: 100 Peitschenhiebe für Leute, welche meinen, sie könnten sich mehr erlauben als ihnen zusteht.

Wie gesagt, manchmal. In tiefster dunkler Nacht.

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