wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollst�ndig mit dem Standard HTML 5 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben 'verschluckt' hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen


kostenlose-Urteile.de
Samstag, 23. November 2024

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Bitte geben Sie Ihren Suchbegriff für die Urteilssuche ein:
unsere Urteilssuche



Logo des Deutschen Anwaltsregister (DAWR)

BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungsstern0/0/5(0)
Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.07.2003
1 BvR 792/03 -

BVerfG zum Kopftuch einer muslimischen Verkäuferin in einem Kaufhaus

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde (Vb) der Betreiberin eines Kaufhauses, die das Arbeitsverhältnis mit einer Verkäuferin mit Kopftuch gekündigt hatte, nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Beschwerdeführerin (Bf) betreibt ein Kaufhaus. Eine dort seit 1989 beschäftigte muslimische Verkäuferin teilte der Bf mit, sie werde bei ihrer Tätigkeit künftig ein Kopftuch tragen. Ihre religiösen Vorstellungen hätten sich gewandelt, der Islam verbiete es ihr, sich in der Öffentlichkeit ohne Kopftuch zu zeigen. Die Bf kündigte daraufhin ordentlich das Arbeitsverhältnis. Die Kündigungsschutzklage der Verkäuferin war in 1. und 2. Instanz erfolglos, ihre Revision hatte jedoch vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) Erfolg. Hiergegen richtet sich die Vb. Die Bf sieht sich in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG verletzt. Das BAG trage einseitig den Interessen der Arbeitnehmerin Rechnung, ohne die Berufs- und Vertragsfreiheit des Arbeitgebers ausreichend zu berücksichtigen.

Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich:

Es liegen keine Gründe für die Annahme der Vb vor. Die Vb hat keine Aussicht auf Erfolg. Das BAG hat bei der Auslegung und Anwendung der Kündigungsvorschriften den Grundrechtsschutz des Arbeitgebers aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht verkannt. Im vorliegenden Fall können sich zwei Personen des Privatrechts, nämlich sowohl die gekündigte Arbeitnehmerin wie auch die Bf auf den Schutz ihrer Berufsfreiheit berufen. Der Arbeitnehmerin kommt darüber hinaus auch der Schutz aus Art. 4 Abs. 1 GG zugute, da sie ihren Arbeitsplatz aufgrund eines Verhaltens, zu dem sie sich aus religiösen Gründen verpflichtet fühlt, verlieren soll. Privatpersonen unterliegen grundsätzlich nicht der Bindung der Grundrechte. Gleichwohl sind die Grundrechte auch in privatrechtlichen Beziehungen von Bedeutung. Sie beeinflussen die Auslegung der zivilrechtlichen Vorschriften, die im Geiste der Grundrechte ausgelegt und angewandt werden müssen, was sich vor allem auf die zivilrechtlichen Generalklauseln und die sonstigen auslegungsfähigen und auslegungsbedürftigen Begriffe auswirkt. Dies gilt auch im Arbeitsrecht. Es ist Sache der Fachgerichte, diesen grundrechtlichen Schutz durch Auslegung und Anwendung des Rechts zu gewähren und im Einzelfall zu konkretisieren. Das Bundesverfassungsgericht tritt deren Beurteilung und Abwägung von Grundrechtspositionen im Verhältnis zueinander nur bei Auslegungsfehlern entgegen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den Rechtsfall von einigem Gewicht sind.

Nach diesen Maßstäben hat das BAG die wechselseitigen Grundrechtspositionen der gekündigten Arbeitnehmerin und der Bf erkannt und in plausibler Weise gewürdigt, ohne dass dies verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre. Aus den kollidierenden Grundrechtspositionen der Arbeitnehmerin und der Bf ergeben sich abstrakt keine Maßstäbe dafür, welches Maß der Einschränkung seiner Kündigungsfreiheit der Arbeitgeber letztlich hinnehmen muss, um den Freiheitsraum des Arbeitnehmers im Rahmen des von beiden Parteien freiwillig eingegangenen Verhältnisses zu wahren. In erster Linie haben die Fachgerichte im konkreten Einzelfall des betroffenen Arbeitsverhältnisses abzuwägen, ob eine bestimmte Erwartungshaltung an das Verhalten des Arbeitnehmers eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann, wenn der Arbeitnehmer sich im Rahmen seiner grundrechtlich geschützten Freiheiten nicht in der Lage sieht, den an ihn herangetragenen Erwartungshaltungen gerecht zu werden. Das BAG hat das Abwägungsergebnis maßgeblich darauf gestützt, dass die Bf betriebliche Störungen oder wirtschaftliche Nachteile nicht hinreichend plausibel dargelegt habe. Darauf deutete weder Branchenüblichkeit noch die Lebenserfahrung hin, zumal die Verkäuferin auch weniger exponiert als in der Parfümerieabteilung des Kaufhauses eingesetzt werden könne. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sachgerecht ist es auch, dass das BAG eine konkrete Gefahr des Eintritts der von der Bf befürchteten nachteiligen Folgen verlangt und nicht schon auf einen bloßen Verdacht hin die Glaubensfreiheit der Arbeitnehmerin zurücktreten lässt.

Werbung

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.02.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 68/03 des BVerfG vom 21.08.2003

Aktuelle Urteile aus dem Arbeitsrecht | Grundrechte

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Dokument-Nr.: 526 Dokument-Nr. 526

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Beschluss526

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Schicken Sie uns Ihr Urteil!Ihre Kanzlei hat interessante, wichtige oder kuriose Fälle vor Gericht verhandelt?
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.
BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertung: keine Bitte bewerten Sie diesen Artikel.0/0/5/0

Kommentare (0)

 
 

Werbung

Drucken
 
Sie brauchen Hilfe vom Profi?


Wenn Sie einen Anwalt suchen, kann Ihnen unser Partnerportal, das Deutsche Anwaltsregister, sicher helfen:
einen Anwalt über das Deutsche Anwaltsregister suchenSie suchen einen Anwalt?
Das Deutsche Anwaltsregister hilft ...

kostenlose-urteile.de - kostenlos Urteile recherchieren, ohne Abo - kostenlos Urteile lesen, ohne Zeitbeschränkung

einige wichtige Links:Startseite | Datenschutzerklärung | Impressum | Kontakt | über uns

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH