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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007
3 S 1654/06 -

Pflicht zur Neudeckung des Daches aufgrund erheblicher Blendung des Nachbarn wegen lasierter Dachziegel

Lasierte Dachziegel waren baurechtswidrig und daher unzulässig

Gehen von den lasierten Dachziegeln des Nachbarn eine erhebliche Blendwirkung aus, so kann das Bauamt den Nachbarn verpflichten, dass Dach vollkommen neu zu decken. Dem beeinträchtigten Grundstücks­eigentümer kann ein darauf gerichteter Anspruch gegen das Bauamt zustehen. Dies hat der Verwaltungs­gerichtshof Baden-Württemberg entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall deckte ein Grundstückseigentümer sein Dach mit lasierten Dachziegeln ein. Sowohl die Baugenehmigung als auch die örtliche Bauvorschrift sahen jedoch nicht reflektierende Materialen vor. In der Folgezeit ging von dem neu gedeckten Dach bei Sonnenschein eine so erhebliche Blendwirkung aus, dass die Nachbarin ein Einschreiten der zuständigen Baubehörde verlangte.

Baubehörde lehnte Einschreiten ab

Die Baubehörde lehnte jedoch ein Einschreiten ab, da die örtliche Bauvorschrift keine nachbarschützende Wirkung habe und die Nachbarin sich daher nicht darauf habe berufen können. Die Vorschrift diene allein dem Zweck, die optische Einheitlichkeit des Baugebiets zu gewährleisten. Die Beeinträchtigung sei daher hinzunehmen. Nachdem der Widerspruch ebenfalls erfolglos blieb, erhob die Nachbarin Klage.

Verwaltungsgericht wies Klage ab

Das Verwaltungsgericht Stuttgart schloss sich der Begründung der Baubehörde an und wies die Klage ab. Es verwies die Nachbarin darauf, dass sie sich durch Jalousien, Markisen, Sonnenschirme und durch Bepflanzungen mit geeigneten Bäumen gegen die Sonnenreflexion schützen könne. Gegen das Urteil legte die Nachbarin Berufung ein.

Nachbarin stand Anspruch auf Einschreiten der Behörde zu

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschied zu Gunsten der Nachbarin und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Dieser stehe durchaus ein Anspruch auf Einschreiten der Baubehörde zu (§ 47 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 65 Satz 1 LBO BW). Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass die Deckung mit lasierten Dachziegeln rechtswidrig war. Denn zum einen sei dies nicht durch die Baugenehmigung gedeckt gewesen und zum anderen habe dies auch der örtlichen Bauvorschrift widersprochen.

Verstoß gegen nachbarliches Rücksichtsnahmegebot lag vor

Zwar sei es richtig, so der Verwaltungsgerichtshof weiter, dass die örtliche Bauvorschrift nicht dem Nachbarschutz dient. Jedoch habe die Dacheindeckung gegen das nachbarliche Rücksichtsnahmegebot (§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) verstoßen. Der Nachbarin sei es zudem nicht zuzumuten gewesen, sich durch geeignete Abschirmmaßnahmen, insbesondere durch eine Bepflanzung ihres Grundstücks, gegen die vom Dach ausgehenden Lichtimmissionen zu schützen. Denn aufgrund der Höhenunterschiede zwischen den beiden Grundstücken hätten Abschirmmaßnahmen zu einer "Einmauerung" der Nachbarin geführt. Demgegenüber habe nicht außer Betracht bleiben dürfen, dass wegen der baurechtswidrigen Verwendung von lasierten Dachziegeln der Grundstückseigentümer weniger schutzwürdig war.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.08.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Verwaltungsgericht Stuttgart, Urteil vom 16.11.2005
    [Aktenzeichen: 2 K 3548/03]
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 | Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht (ZfBR)
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ZfBR 2008, 195

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