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Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.12.2004
VIII ZR 218/03 -

Fristlose Kündigung einer psychisch erkrankten Mieterin: Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund durch Räumung bedingte Gefahr der Selbsttötung bzw. Selbstgefährdung

Interesse der Mieterin überwiegt Interesse des Vermieters

Stört eine psychisch erkrankte Mieterin über eine lange Zeit den Hausfrieden, insbesondere zur Nachtzeit, so rechtfertigt dies dann keine fristlose Kündigung, wenn durch die Räumung die Gefahr einer Selbsttötung oder Selbstgefährdung besteht. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Über eine lange Zeit störte eine 77 Jahre alte Mieterin den Haufrieden, insbesondere in der Nachtzeit, in dem sie auf dem Boden herumtrampelte und mit Gegenständen gegen Heizungsrohre und Heizkörper schlug. Hintergrund dieses Verhaltens war eine psychische Erkrankung. Die Mieterin litt unter Verfolgungswahn. Sie hörte Stimmen und versuchte sich durch den Lärm der vermeintlichen Angriffe zu erwehren. Die Vermieterin sprach zunächst mehrere Abmahnungen aus. Nachdem diese erfolglos bleiben, kündigte sie das Mietverhältnis fristlos. Da die Mieterin diese nicht akzeptierte, kam der Fall vor Gericht.

Amtsgericht und Landgericht hielten fristlose Kündigung für unwirksam

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Freiburg hielten die fristlose Kündigung für unwirksam. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Ruhestörungen den Hausfrieden zwar erheblich beeinträchtigt haben. Es sei jedoch zu Gunsten der Mieterin zu berücksichtigen gewesen, dass sie psychisch erkrankt war und seit 21 Jahren in der Wohnung lebte. Des weiteren habe ein Sachverständiger festgestellt, dass durch die Räumung die Gefahr einer Selbsttötung oder eines "Totstellreflexes" mit apathischen Verhalten und Verweigerung der Nahrungsaufnahme bestand. Gegen diese Entscheidung legte die Vermieterin Revision ein.

Bundesgerichtshof verneinte ebenfalls Wirksamkeit der Kündigung aufgrund Gefahr der Selbsttötung oder Selbstgefährdung

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies daher die Revision der Vermieterin zurück. Es sei vor allem unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie des Rechtsstaatsprinzips nicht zu beanstanden gewesen, dass das Landgericht die Belange der Mieterin gegenüber dem Interesse der Vermieterin als vorrangig betrachtete.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 08.01.2015
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Freiburg, Urteil vom 27.06.2003
Aktuelle Urteile aus dem Mietrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Das Grundeigentum - Zeitschrift für die gesamte Grundstücks-, Haus- und Wohnungswirtschaft (GE)
Jahrgang: 2005, Seite: 296
GE 2005, 296
 | Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM)
Jahrgang: 2005, Seite: 300
NZM 2005, 300
 | Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM)
Jahrgang: 2005, Seite: 125
WuM 2005, 125
 | Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (ZMR)
Jahrgang: 2005, Seite: 183
ZMR 2005, 183

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Kommentare (1)

 
 
Peter Waldow schrieb am 08.01.2015

Und wenn sich jetzt alle anderen Mieter umbringen, weil sie in den Wahnsinn getrieben werden?

Werden dann die Bundesrichter wegen Beihilfe verurteilt???

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