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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21.11.2017
BVerwG 1 C 39.16, BVerwG 1 C 40.16 und BVerwG 1 C 42.16 -

Verwaltungsgerichte haben Pflicht zur Aufklärung der Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen EU-Mitgliedstaat

Unbeantwortetes Auskunftsersuchen nach den Dublin-Vorschriften kein Grund für unzureichende Prüfung

Ist in einem Asylverfahren zweifelhaft, ob dem Schutzsuchenden bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden ist, müssen die Verwaltungsgerichte diesen Sachverhalt aufklären. Dies gilt auch dann, wenn ein an den anderen Mitgliedstaat gerichtetes Auskunftsersuchen nach den Dublin-Vorschriften (sogenanntes Info-Request) unbeantwortet geblieben ist. Dies entschied das Bundes­verwaltungs­gericht.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens (BVerwG 1 C 39.16), ein somalischer Staatsangehöriger, stellte im Juli 2010 in Deutschland einen Asylantrag, nachdem er sich zuvor - durch entsprechende "EURODAC-Treffer" bestätigt - längere Zeit in Italien und Schweden aufgehalten hatte. Da eine Überstellung des Klägers nach der Dublin II-Verordnung wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht erfolgen konnte, übernahm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Zuständigkeit für das Verfahren. Eine Verbindungsbeamtin des BAMF in Italien teilte auf Anfrage mit, dass der Kläger in Italien bereits subsidiären Schutz erhalten habe. Das BAMF lehnte es daraufhin im April 2013 u.a. ab, das Bestehen "europarechtlicher Abschiebungsverbote" - also subsidiären Schutzes - zu prüfen, weil der Kläger diesen Schutzstatus offensichtlich in Italien bereits erhalten habe.

Frage nach möglicherweise bereits gewährtem subsidiärem Schutz bleibt unbeantwortet

Im Berufungsverfahren, in dem der Kläger nur noch subsidiären Schutz begehrte, hat das BAMF auf Veranlassung des Verwaltungsgerichtshofs ein Auskunftsersuchen nach Art. 21 Dublin II-Verordnung an die italienischen Behörden gerichtet, um eine Bestätigung zu erlangen, dass dem Kläger dort subsidiärer Schutz gewährt worden ist. Diese Anfrage blieb unbeantwortet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Bescheid daraufhin insoweit aufgehoben, als darin von einer Prüfung unionsrechtlicher und hilfsweise nationaler Abschiebungsverbote abgesehen worden ist. Es stehe nicht fest, dass dem Kläger in Italien subsidiärer Schutz gewährt worden sei.

Berufungsgericht hätte weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts ergreifen müssen

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass das Berufungsgericht die Unzulässigkeitsentscheidung nicht mit der Begründung aufheben durfte, dass die Gewährung subsidiären Schutzes in Italien nicht feststehe. Vielmehr hätte es hier weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts ergreifen müssen. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

In zwei weiteren Verfahren sind entsprechende Entscheidungen ergangen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht/ra-online

Vorinstanz:
  • Vorinstanz zu BVerwG 1 C 39.16: VG München, M 11 K 13.30382 - Urteil vom 20. September 2013 - VGH München, 20 B 15.30008 - Urteil vom 13. Oktober 2016 - Vorinstanz zu BVerwG 1 C 40.16: VG München, M 11 K 12.30630 - Urteil vom 21. Januar 2013 - VGH München, 20 B 14.30212 - Urteil vom 13. Oktober 2016 - Vorinstanz zu BVerwG 1 C 42.16: VG München, M 11 K 12.31042 - Urteil vom 29. August 2013 - VGH München, 20 B 14.30320 - Urteil vom 20. Oktober 2016 -
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