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Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.10.2017
V ZR 8/17 -

BGH: Anspruch auf Laubrente trotz fehlenden Anspruchs auf Beseitigung oder Zurückschneiden der Grenzbäume

Kein Beseitigungs- bzw. Rückschnittanspruch aufgrund Ablaufs der landes­nachbar­rechtlichen Ausschlussfrist

Einem Grund­stücks­eigen­tümer kann auch dann ein Anspruch auf Laubrente gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen, wenn er die Beseitigung oder den Rückschnitt der an der Grundstücksgrenze stehenden nachbarlichen Bäume aufgrund des Ablaufs der dafür im Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfrist nicht verlangen kann. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall klagte in Sachsen ein Grundstückseigentümer im Jahr 2012 gegen seinen Nachbar auf Beseitigung bzw. Rückschnitt der unmittelbar an der Grundstücksgrenze stehenden Bäume. Hilfsweise verlangte er die jährliche Zahlung einer Aufwendung als Ausgleich für den erhöhten Aufwand der Reinigung seines Grundstücks. Der Kläger machte geltend, dass unter anderem durch den starken Laubfall der Bäume sein Grundstück erheblich beeinträchtigt werde. Bei den Bäumen handelte es sich um einige Jahre alte und bereits hochgewachsene Bäume.

Landgericht und Oberlandesgericht wiesen Klage ab

Sowohl das Landgericht Chemnitz als auch das Oberlandesgericht Dresden wiesen die Klage ab. Ein Anspruch auf Beseitigung oder Rückschnitt der Bäume bestehe nicht, da der Kläger die Fünfjahresfrist des § 15 des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes alte Fassung nicht beachtet habe. Aus dem gleichen Grund könne er auch nicht die Erstattung der Aufwendungen für die Entfernung von Laub und Ästen von den Bäumen verlangen. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision des Klägers.

Bundesgerichtshof bejaht möglichen Anspruch auf Laubrente

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten des Klägers und hob daher die Entscheidung der Vorinstanz auf. Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Beseitigung oder Zurückschneiden wegen des Ablaufs der dafür im Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlussfrist nicht mehr verlangen könne, könne für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zustehen.

Aufwendungsersatzanspruch steht Ablauf der landesnachbarrechtlichen Ausschlussfrist nicht entgegen

Das Landgericht habe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs der Ausschlussfrist nach den nachbarrechtlichen Vorschriften eine Bedeutung beigemessen, die ihr nicht zukomme. Ausgeschlossen sei danach der Anspruch auf Beseitigung oder Rückschnitt der Bäume, der dem Nachbarn allein wegen der Missachtung der Grenzabstandsregelung eingeräumt werde. Dies besage jedoch nichts darüber, ob der Nachbar, der wegen der von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen in seinem Eigentum wesentlich und über das Zumutbare hinaus beeinträchtigt werde, diese Beeinträchtigung entschädigungslos hinzunehmen habe. Ein Ausschluss des Aufwendungsersatzanspruchs stehe im Widerspruch zu § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach der Eigentümer, der eine wesentliche Beeinträchtigung zu dulden habe, von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen könne.

Zurückweisung des Falls an Landgericht

Der Bundesgerichtshof wies den Fall an das Landgericht zwecks Feststellung über das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung durch den Laubwurf, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteige, zurück.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.06.2018
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Landgericht Chemnitz, Urteil vom 14.10.2014
    [Aktenzeichen: 4 O 117/12]
  • Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 06.12.2016
    [Aktenzeichen: 9 U 1687/14]
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