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Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2018
XI ZR 790/16 -

Preisklauseln für sogenannte Zinscap-Prämie bzw. Zins­sicherungs­gebühr im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unwirksam

Klauseln führen zu unangemessener Benachteiligung von Vertragspartnern

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bestimmte von einer Bank verwendete und für Darlehensverträge mit einem variablen Zinssatz vorformulierte Klauseln im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern unwirksam sind.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein Verbraucherschutzverein, wandte sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen Klauseln, mit denen die beklagte Bank in Darlehensverträgen mit einem variablen Zinssatz von ihren Kunden eine sogenannte Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr erhebt. Die beanstandeten vorformulierten Klauseln lauteten:

"Zinscap-Prämie: ... % Zinssatz p.a. ... % variabel*

Erläuterungen

* - Bis zum ... beträgt der Zinssatz mindestens ... p.a. und höchstens ... p.a.

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig."

und

"Zinssicherungsgebühr:

... % Zinssatz p.a. ... % variabel*

* - Bis zum ... beträgt der Zinssatz mindestens ... p.a. und höchstens ... p.a.

Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig."

Der Verbraucherschutzverein war der Ansicht, die beanstandeten Klauseln verstießen gegen § 307 BGB, und nimmt die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung in Verträgen mit Verbrauchern zu unterlassen.

Verfahrensgang

Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht gab ihr auf die Berufung des Klägers statt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrte die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Angefochtene Klauseln stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar

Der Bundesgerichtshofs wies die Revision der Beklagten zurück. Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Bei den angefochtenen Klauseln handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Wenngleich die Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr in einzelnen Verträgen mit Kunden der Beklagten je unterschiedliche Prozentsätze aufweisen würden, seien die Klauseln - wie dies für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen vorausgesetzt wird - auch insoweit vorformuliert, weil die Höhe der Zinscap-Prämie bzw. der Zinssicherungsgebühr nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts von der Beklagten anhand bestimmter Vorgaben errechnet werde. Ein "Aushandeln" der Zinscap-Prämie bzw. der Zinssicherungsgebühr habe die insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht hinreichend dargetan.

Streitige Bestimmungen unterliegen der Inhaltskontrolle

Die Klauseln unterlägen ferner gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 und 2 BGB der Inhaltskontrolle, weil sie jeweils eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung vorsehen. Sie seien laut Gericht aus der maßgeblichen Sicht eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden so zu verstehen, dass mit der Vereinbarung eines variablen Zinssatzes nebst Festlegung einer Zinsober- und -untergrenze eine Regelung über die Zinshöhe getroffen und zugleich in Gestalt der Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr innerhalb der von der Beklagten als einheitliche Regelung ausgestalteten Bestimmung ein zusätzliches laufzeitunabhängiges (Teil-)Entgelt für die Überlassung der Darlehensvaluta festgelegt werde. Denn die Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr dienten dazu, der Bank für den Fall, dass der variable Zins die vereinbarte Zinsobergrenze überschreite, einen Ausgleich für entgehende Zins(mehr)einnahmen zu verschaffen und stellten damit ein weiteres (Teil-)Entgelt dar, das der Darlehensnehmer zusammen mit dem Zins als Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta schulde. Nach der zugrunde zu legenden kundenfeindlichsten Auslegung (§ 305 c Abs. 2 BGB*) sei die Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr auch laufzeitunabhängig ausgestaltet, da sie bei Vertragsschluss sofort fällig werde, ohne dass die angegriffenen Klauseln eine anteilige Erstattung für den Fall vorzeitiger Vertragsbeendigung vorsehen würde. Mit diesem Klauselverständnis unterlägen die streitigen Bestimmungen der Inhaltskontrolle, weil dem gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB zufolge allein der laufzeitabhängige Zins der Preis und damit die Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta sei, so der Bundesgerichtshof.

Abweichung vom gesetzlichen Leitbild indiziert unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner

Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle halten die Klauseln nicht stand. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB indiziert eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners. Umstände, nach denen die Klauseln auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung die Kunden der Beklagten gleichwohl nicht unangemessen benachteiligen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 1 UKlaG Unterlassungs- und Widerrufsanspruch bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksam sind, verwendet oder für den rechtsgeschäftlichen Verkehr empfiehlt, kann auf Unterlassung und im Fall des Empfehlens auch auf Widerruf in Anspruch genommen werden.

§ 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

§ 305 c Überraschende und mehrdeutige Klauseln

[...]

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

§ 488 BGB Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

[...]

 

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.06.2018
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Vorinstanzen:
  • Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.02.2016
    [Aktenzeichen: 12 O 210/15]
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 01.12.2016
    [Aktenzeichen: 6 U 56/16]
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