die zehn aktuellsten Urteile, die zum Schlagwort „nachträgliche Sicherungsverwahrung“ veröffentlicht wurden
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2013
- III ZR 405/12; III ZR 406/12; III ZR 407/12; III ZR 408/12; -
BGH: Ex-Sicherungsverwahrte haben Anspruch auf Entschädigung
Immaterieller Schadensersatz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung
Der Bundesgerichtshof hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass das Land Baden-Württemberg vier Straftätern Schadensersatz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung zahlen muss.
Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger waren zwischen 1977 und 1986 durch Urteile baden-württembergischer Landgerichte zu langjährigen Freiheitsstrafen (von fünf bis fünfzehn Jahren) verurteilt worden. Den Verurteilungen lagen jeweils schwere Straftaten zugrunde, insbesondere solche gegen die sexuelle Selbstbestimmung. In allen Fällen hatte das Gericht anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet. Diese wurde nach Verbüßung der Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Freiburg vollzogen.Nach der im Zeitpunkt der Verurteilung der Kläger geltenden Fassung des § 67 d Abs. 1, Abs. 3 StGB durfte die... Lesen Sie mehr
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.02.2013
- 2 BvR 2122/11 und 2 BvR 2705/11 -
Nachträgliche Sicherungsverwahrung im Anschluss an psychiatrische Unterbringung nur unter engen Voraussetzungen
Nachträgliche Sicherungsverwahrung nur bei hochgradiger Gefahr gerechtfertigt
Bis zum Inkrafttreten der erforderlichen gesetzlichen Neuregelung, längstens jedoch bis 31. Mai 2013, darf die nachträgliche Sicherheitsverwahrung nur noch ausgesprochen werden, wenn eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Untergebrachten abzuleiten ist und dieser an einer psychischen Störung leidet. Die genannten Grundsätze gelten auch dann, wenn der Betroffene zuvor in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht war. In diesen Fällen wird nicht lediglich eine unbefristete Maßregel durch eine andere ersetzt, sondern es handelt sich bei der nachträglichen Sicherungsverwahrung um einen neuen, eigenständigen Grundrechtseingriff. Erfolgt dieser auf der Grundlage eines Gesetzes, das im Zeitpunkt der Verurteilung wegen der Anlasstaten noch nicht in Kraft getreten war, kommt den betroffenen Vertrauensschutzbelangen ein besonders hohes Gewicht zu. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht.
Der Entscheidung liegen die folgenden Erwägungen zugrunde:1. § 66 b des Strafgesetzbuches (StGB) regelt die nachträgliche Sicherungsverwahrung in Fällen, in denen während der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus festgestellt wird, dass der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand nicht (mehr) vorliegt. Mit Urteil vom 4. Mai... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.02.2013
- 1 StR 465/12 und 1 StR 275/12 -
BGH hebt Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung in zwei Verfahren auf
Landgerichte legen bei Beurteilung der Gefährlichkeit lückenhafte und unzutreffende Maßstäbe an
Der Bundesgerichtshof hat zwei Nichtanordnungen der Sicherungsverwahrung aufgehoben. Nach Auffassung des Gerichtshofs hatten die zuständigen Landgerichte in ihren Entscheidungen jeweils bei der Gefährlichkeitsprognose der Angeklagten einen lückenhaften oder unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt, der sachlich-rechtlichen Prüfungen nicht standhielt.
Im zugrunde liegenden Fall (1 StR 465/12) hatte das Landgericht München I den 64jährigen Angeklagten wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in Tatmehrheit mit schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hat das Landgericht abgesehen.... Lesen Sie mehr
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.01.2013
- 3 StR 330/12 -
BGH verneint Sicherungsverwahrung nebst lebenslanger Freiheitsstrafe
Zusätzliche Anordnung der Sicherungsverwahrung würde zu keiner Verbesserung der Sicherheitsbelange der Allgemeinheit führen
Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines Straftäters wegen der besonderen Schwere der Schuld zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestätigt. Die ebenfalls geforderte Anordnung der Sicherungsverwahrung hob der Bundesgerichtshof jedoch auf, da durch die zusätzliche Anordnung der Sicherungsverwahrung kein zusätzlicher Gewinn für die Sicherheitsbelange der Allgemeinheit erzielt werden würde.
Im zugrunde liegenden Fall hatte das Landgericht Stade den Angeklagten wegen Mordes in drei Fällen sowie einer Reihe weiterer Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Es hat weiter festgestellt, dass die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt, und zusätzlich die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.... Lesen Sie mehr
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 29.11.2012
- 12 U 60/12, 12 U 61/12, 12 U 62/12, 12 U 63/12 -
Straftäter erhalten Entschädigung für überlange Sicherungsverwahrung
Europäische Menschenrechtskonvention gewährt Betroffenen bei widerrechtlich beschränkter Freiheit unmittelbaren Schadensersatzanspruch
Das Landgericht Karlsruhe hat vier Straftätern, die in den 70er und 80er Jahren wegen versuchten Mordes, Vergewaltigung und anderer Straftaten zu langen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren und gegen die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet worden war, gemäß Art. 5 Abs. 5 EMRK Entschädigungsansprüche gegen das Land Baden-Württemberg wegen überlanger Sicherungsverwahrung in Höhe von 49.000 bis 73.000 Euro zugesprochen.
In den zugrunde liegenden Strafurteilen war in allen Fällen gleichzeitig anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet worden, die nach der damals geltenden Fassung von § 67 d Abs. 1 StGB 10 Jahre nicht überschreiten durfte, nach Ablauf der Höchstfrist waren die Untergebrachten zu entlassen.Als diese Höchstfrist durch eine Gesetzesänderung ab dem 31. Januar 1998 entfiel,... Lesen Sie mehr
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.09.2012
- 1 StR 160/12 -
Über mögliche Sicherungsverwahrung des "Westparkmörders" muss neu entschieden werden
BGH rügt rechtlich unzutreffend angelegten Maßstab des LG München I bei Entscheidung über mögliche Begehung künftiger Gewalttaten
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass über die Unterbringung des so genannten "Westparkmörders" in der Sicherungsverwahrung erneut entschieden werden muss.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Verurteilte, ein heute 37-jähriger slowenischer Bauarbeiter, am Abend des 15. Oktober 1993 aus Wut über den Ablauf dieses Tages und um Aggressionen abzubauen am Rande des Westparks in München einen zufällig vorbeikommenden, dem Verurteilten unbekannten Architekten mit zwölf wuchtig geführten Messerstichen getötet.Aufgrund dieser... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 07.06.2012
- 61827/09 und 65210/09 -
Kein Strafe ohne Gesetz: EGMR erklärt nachträglich angeordnete Sicherungsverwahrung für unzulässig
Nachtägliche Sicherungsverwahrung stellt höhere Strafe dar, als die zum Zeitpunkt der Verurteilung angedrohte Strafe
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die nachträgliche Unterbringung zweier in den Jahren 1987 und 1992 verurteilten Straftäter in der Sicherungsverwahrung für unzulässig erklärt. Der Gerichtshof stellte in beiden Fällen eine Verletzung von Artikel 7 § 1 (Kein Strafe ohne Gesetz) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest. Insbesondere befand der Gerichtshof, dass die deutschen Gerichte mit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung eine schwerere Strafe gegen die Beschwerdeführer verhängt hatten als die zur Zeit der Begehung ihrer jeweiligen Tat angedrohte.
Beide Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Falls sind deutsche Staatsangehörige, geboren 1957 bzw. 1968. Herr K ist derzeit in der JVA Schwalmstadt und Herr G in der JVA Straubing untergebracht. Herr K wurde 1987 wegen Vergewaltigung in mehreren Fällen zu einer Freiheitsstrafe von achteinhalb Jahren und Herr G 1992 wegen Mordes in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt.... Lesen Sie mehr
Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.04.2012
- 2 O 278/11, 2O 279/11, 2 O 316/11, 2 O 330/11 -
Ex-Sicherungsverwahrte erhalten wegen überlanger Sicherungsverwahrung Entschädigungszahlungen
Landgericht Karlsruhe verurteilt das Land Baden-Württemberg zur Zahlung von Schadensersatz
Wegen überlanger Sicherungsverwahrung hat das Landgericht Karlsruhe das Land Baden-Württemberg in vier Fällen zu Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt 240.000 € verurteilt.
Geklagt hatten vier Straftäter, die in den 70iger und 80iger Jahren wegen Vergewaltigung und teilweise weiterer Straftaten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren. In den Urteilen war wegen der Gefährlichkeit der Täter die anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet worden, die zum damaligen Zeitpunkt jedoch höchstens zehn Jahre andauern durfte. Nachdem diese Zehnjahres-Höchstgrenze... Lesen Sie mehr
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 24.11.2011
- 48038/06 -
EGMR: Sicherungsverwahrung ohne gerichtliche Vollstreckungsanordnung verstößt gegen Menschenrechtskonvention
Bundesrepublik zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt
Die Unterbringung eines Straftäters in der Sicherungsverwahrung nach Verbüßung seiner Haftstrafe ohne gerichtliche Vollstreckungsanordnung stellt eine Verletzung von Artikel 5 § 1 (Recht auf Freiheit und Sicherheit) der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) dar. Dies entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Falls, Jakob Schönbrod, ist deutscher Staatsangehöriger, 1933 geboren. Er ist vielfach vorbestraft und hat viele Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht. Im Mai 1996 verurteilte ihn das Landgericht Koblenz wegen gemeinschaftlich begangenen bewaffneten Raubüberfalls zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Zugleich ordnete das Gericht seine... Lesen Sie mehr
Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.11.2011
- 1 StR 231/11 -
BGH: Keine nachträgliche Sicherungsverwahrung für einen wegen Totschlags verurteilten Straftäter
Nachträgliche Sicherungsverwahrung nur noch bei Vorliegen hochgradiger Gefahr schwerster Gewaltdelikte zulässig
Die Ablehnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung eines wegen Totschlags verurteilten Straftäters durch das Landgericht ist nach der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts rechtsfehlerfrei erfolgt. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.
Im zugrunde liegenden Fall waren gegen den Verurteilten am 8. Mai 1991 wegen Totschlags an seiner Ehefrau sieben Jahre Freiheitsstrafe und am 13. Dezember 1996 erneut wegen Totschlags – er hatte seine neue Lebenspartnerin, die sich von ihm trennen wollte, getötet – dreizehn Jahre Freiheitsstrafe verhängt worden.Im Mai 2010 beantragte die Staatsanwaltschaft, gegen... Lesen Sie mehr