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Arbeitsgericht Cottbus, Urteil vom 09.04.2014
13 Ca 10477/13 und 13 Ca 10478/13 -

Nicht sittenwidrig: Anwalt darf Mitarbeitern 1,54 Euro bzw. 1,65 Euro Stundenlohn zahlen

Arbeitsgericht konnte keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen

Es kann in Einzelfällen zulässig sein, wenn ein Rechtsanwalt Bürokräfte mit einen Stundenlohn von unter zwei Euro beschäftigt. Dies entschied das Arbeitsgericht Cottbus.

In dem zugrunde liegenden Fall ging es um sittenwidrige Löhne. Es klagten die Jobcenter Oberspreewald-Lausitz und Elbe-Elster gegen einen Rechtsanwalt. Die Jobcenter machten Arbeitsentgelt zweier Arbeitnehmer aus übergegangenem Recht geltend. Die Arbeitnehmer hatten neben ihrem Entgelt als Bürokräfte (14 bzw. 15 Stunden pro Woche bei einem jeweiligen Monatsentgelt von 100 Euro) Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt (also Hartz-IV-Leistungen) erhalten. Der Stundenlohn bei 15 bzw. 14 Wochenarbeitsstunden lag rechnerisch bei nur 1,54 Euro bzw. 1,65 Euro pro Stunde.

Die Jobcenter waren der Meinung, der Lohn der Arbeitnehmer sei sittenwidrig so niedrig, dass noch Ansprüche der Arbeitnehmer bestünden, die von Rechts wegen auf das Jobcenter übergegangen seien.

Jobcenter verlangen mindestens 5 Euro Stundenlohn

Die Jobcenter machten in einem Fall für den Zeitraum von 12 Monaten und in dem anderen Fall für einen Zeitraum von ca. 9 Monaten Forderungen geltend. Die Differenzansprüche der Jobcenter wurden von diesen auf der Grundlage einer Stundenvergütung von 5 Euro brutto berechnet.

Richter: Leistungsempfänger wollen "dem Amt nichts schenken"

Am 20. Dezember 2013 fand eine Güteverhandlung statt. Der Vorsitzende machte in einem Einführungsstatement, deutlich, dass die Thematik der sittenwidrigen Löhne ein gesellschaftliches Problem von großem Ausmaß darstelle. Einerseits wollten Leistungsempfänger von Hartz IV "dem Amt nichts schenken" und somit die Zuverdienstgrenzen nicht überschreiten, andererseits hätten sich ganze Wirtschaftszweige darauf eingestellt für "Billiglöhne" Arbeitskräfte zu beschäftigen, die als so genannte "Aufstocker" bei den Jobcentern geführt werden. Ob ein sittenwidriger Lohn vorliege, dürfte davon abhängen, wie die zu erbringende Arbeitsleistung üblicher Weise zu bewerten ist, führte der Richter aus. Werde der im Wirtschaftszweig übliche Lohn um mehr als 1/3 unterschritten, so spreche man von einem sittenwidrigen Lohn.

Keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage erkennbar

Das Arbeitsgericht wies die Klagen der Jobcenter am 9. April 2014 ab. Zwar habe ein Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung zweier Mitarbeiter des Beklagten und dem jeweils dafür entrichteten Entgelt vorgelegen. Allerdings konnte das Arbeitsgericht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls keine verwerfliche Absicht zur Ausnutzung einer Zwangslage der Mitarbeiter erkennen. Daher mussten die Klagen abgewiesen werden.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.04.2014
Quelle: ra-online, Arbeitsgericht Cottbus (pm/pt)

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Kommentare (14)

 
 
Birt schrieb am 14.04.2014

Dieses Urteil ist ein Skandal und hebelt endgültig den Sozialstaat aus. Jeder wirtschaftlich denkender Unternehmer wird sich in Zukunft selbst die 450€ Jobs sparen und stattdessen nur noch die 100€ zahlen, den ein Bezieher von ALG 2 hinzuverdienen darf.

Perfider Weise tritt der Anwalt laut Lausitzer Rundschau als Rächer der Enterbten auf und vertritt überwiegend ALG 2 Fälle.

http://www.lr-online.de/nachrichten/Tagesthemen-Lausitzer-Anwalt-fuehrt-juristischen-Feldzug-gegen-Jobcenter;art1065,3517780

GA schrieb am 14.04.2014

Kennen sich Richter und Anwalt vom Studium, ich vermag den Unterschied zwischen RA-Kanzlei und Pizzadienst in der Arbeitgebereigenschaft nicht erkennen. In Deutschland verdienen Unternehmer, durch das sog. Aufstockungsprinzip, sich dumm und dämlich. Wer einen Mitarbeiter nicht richtig bezahlen kann schädigt die Volkswirtschaft und der Laden müßte dicht gemacht werden.

Karl-Heinz List schrieb am 14.04.2014

Man kann nur hoffen, dass das Job-Center iin die Berufung geht. Ein Fehlurteil zu Lasten des Steuerzahlers.

Alfredo Englert schrieb am 14.04.2014

Arbeitnehmer kennen ihre Zuverdienstgrenzen bei Aufstockung durch Hartz 4, Damit das Amt das Geld nicht bekommt, handeln sie ein Dummpinglohn mit dem Arbeitgeber aus. Das ist unter aller Kanone und der der Richter hätte dieser entwicklung keinen Vorschub leisten dürfen. Wer bescheist fliegt. Richter weg. Kanzlei zu , Arbeitnehmer Harz4 kürzen.

Karlheinz Duscheck schrieb am 10.04.2014

Wer nach diesem Urteil behauptet, dass es in Deutschland keine Klassenjustiz gibt, dem ist nicht mehr zu helfen. Sollte er der falschen Klasse angehören, könnte es ein böses Erwachen geben.

Kläs Günter schrieb am 10.04.2014

Solche Richter brauch das Land. Ob man seinen Dazuverdienst gering halten möchte wegen der Zuverdienstgrenze ist eine Sache. Wird aber vom Arbeitgeber ein Lohn gezahlt von nur 1,64 € wo liegt da keine Sittenwidrigkeit vor. Mir persönlich ist kein Orts/Branchenüblicher Durchschnittslohn/Tarif bekannt der unter 2,50€ liegt. - Es bleibt nur zu sagen - solche Richter braucht das Land!! -Nicht das Job Center sollte das Geld bekommen sondern die Menschen die gearbeitet haben.

Besonders gründliche Ermittlungen des Zoll und der Steuerbehörde wären bei diesem Arbeitgeber angebracht, auch eine Überprüfung ob solche Kanzleien noch als Anwalt arbeiten dürften.

Tom schrieb am 10.04.2014

Ich frage mich, warum die Menschen so gutmütig oder dumm sind, für diese Bezahlung überhaupt irgendeine Art von Leistung zu erbringen.

Von mir gäbe es dafür Sabotage.

Thomas S schrieb am 10.04.2014

Hmm es ist traurig das sogar schon Anwälte die für einzelne Briefe schon 100€ verlangen auf solche Grauzonen des Rechts und der Legalität bedienen. Dem AN ist damit nicht gedient, denn Beiträge in Sozialversicherungen und Rente werden bei diesen Summen ja meist vernachlässigbar! Somit haben diese AN später auch nur das Existensminimum zur Verfügung trotz geringfügiger Verdienste. Möchte mal so manchen Bundestagsabgeordneten sehen der für diesen Beitrag unter 2€/h Vorträge oder nebenbei Geld verdient!!!!

Feodora schrieb am 10.04.2014

Am liebsten ist es den Arbeitgebern, wenn es nur noch Praktikanten gäbe, denen kein Lohn gezahlt werden braucht. Moderne Sklaven.

Aber die Arbeitnehmer wissen doch vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages wieviel Lohn sie erhalten und die Hartz4 Empfänger dürfen nur bis 100 Euro aufstocken.

Tom schrieb am 10.04.2014

Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht all derer, die versuchen durch ehrliche Arbeit ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Der Richter gehört entlassen und die fette Pansion gestrichen.

hpweyer schrieb am 10.04.2014

Manche Urteile sind einfach nicht zu glauben. Oder wie war das mit den Krähen .... ?

Dieter KLück schrieb am 09.04.2014

Ich blaube, dass Richter in unserem Land längst den Boden unter den Füßen verloren haben und Verbrechern Tür und Tor öffnen. Pfui Teufel noch mal.Recht gibt es in unserer Rpublik schon lange nicht mehr!

Olaf Fischer antwortete am 11.04.2014

Das Problem ist, dass in Deutschland von Richtern kein Recht gesprochen wird, sondern ein Urteil.

Aber dieser Richter gehört wirklich entlassen und muss mit einem Ruhegehalt von unter 2 € abgespeist werden. Pfui

Walter Müller antwortete am 10.02.2017

Die armen Arbeitnehmer lassen sich leider von diesen gierigen Arbeitsgeberpack für dumm verkaufen. Die Menschen sollten endlich aufstehen und gegen diese Typen vorgehen. Alles muß mal ein Ende haben !!!

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