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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.07.2011
- 1 StR 692/10 -
BGH: Bevorzugte Behandlung gegen "Spende" – Verurteilung eines Chefarztes rechtskräftig
Revision gegen Verurteilung eines Chefarztes wegen Bestechlichkeit und Betruges verworfen
Der Bundesgerichtshof hat die Revision eines Chefarztes, der zuvor wegen Bestechlichkeit und Betruges vom Landgericht Essen zu drei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt wurde, als offensichtlich unbegründet verworfen. Der Arzt hatte Patienten, die keinen Anspruch auf eine wahlärztliche Behandlung hatten, angeboten, sie gegen eine "Spende" persönlich und bevorzugt zu behandeln. Das Urteil des Landgerichts ist somit rechtskräftig.
Im zugrunde hatte das Landgericht Essen den Angeklagten wegen Bestechlichkeit (§ 332 StGB)* in 30 Fällen, in drei Fällen in Tateinheit mit Nötigung (§ 240 StGB)** und in einem Fall in Tateinheit mit
Universitätsprofessor bietet Patienten Behandlung gegen "Spenden" an
Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Tatzeitraum Universitätsprofessor und leitete an einem Universitätsklinikum die Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie. Im Zeitraum von Mai 2003 bis Anfang des Jahres 2007 forderte er von 30 Regelleistungspatienten, die keinen Anspruch auf eine wahlärztliche Behandlung durch den Angeklagten hatten, eine "Spende" und versprach als Gegenleistung, diese Patienten in der Weise zu bevorzugen, dass er sie persönlich behandeln werde, was er in 29 Fällen dann auch tat. In drei dieser Fälle setzte der Angeklagte die Patienten unter Druck, indem er die Operation als dringlich oder nur durch ihn durchführbar darstellte. In einem Fall wusste der Angeklagte, dass er die Operation nicht selbst würde vollständig durchführen können, vereinbarte aber gleichwohl eine "Spende". Die Patienten zahlten Beträge zwischen 2.000 Euro und 7.500 Euro, die mit Ausnahme eines Falles auf ein beim Universitätsklinikum geführtes Drittmittelkonto einbezahlt wurden, über das der Angeklagte faktisch frei verfügen konnte; in einem Fall behielt der Angeklagte die geforderte "Spende" (7.500 Euro "bar und in kleinen Scheinen") für sich. Das Landgericht nahm an, der Angeklagte, der den äußern Ablauf der Spendeneinwerbung einräumte, habe diese nicht für verbotenes Unrecht gehalten, bei gehöriger Erkundigung hätte er diesen Irrtum aber vermeiden können (§ 17 StGB)***.
Entgelt für die Nutzung der Universitätseinrichtungen sowie vom Arzt zu zahlende Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt
Darüber hinaus erzielte der Angeklagte im Rahmen seiner als Nebentätigkeit genehmigten Behandlung von Wahlleistungspatienten Einnahmen (u.a. Zahlungen von Patienten ohne Rechnung), die er zum einen nicht gegenüber der Universitätsverwaltung, zum anderen nicht in seiner Einkommensteuer angab. Dadurch wurde sowohl das vom Angeklagten geschuldete Entgelt für die Nutzung der Universitätseinrichtungen (35 % der erzielten Einnahmen) als auch die vom Angeklagten zu zahlende Einkommensteuer zu niedrig festgesetzt.
Landgericht wertet Verhalten des Arztes als Betrug bzw. versuchten Betrug
Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass der Angeklagte in mehreren Fällen angeblich von ihm persönlich erbrachte Operationsleistungen gegenüber den Patienten hat abrechnen lassen, obgleich er zum Zeitpunkt der Operation nicht im Universitätsklinikum war. Das Landgericht hat dies als
BGH verneint Rechtsfehler des Landgerichts zum Nachteil des Angeklagten
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt, als offensichtlich unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO); die umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Staatsanwaltschaft hat ihre zu Lasten des Angeklagten eingelegte Revision zurückgenommen. Die Verurteilung des Angeklagten ist damit rechtskräftig.
Erläuterungen
* - § 332 StGB - Bestechlichkeit
Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.
(2) …
(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,
1. bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.
** - § 240 StGB – Nötigung
Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
[…]
*** - § 17 StGB – Verbotsirrtum
Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 08.08.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Landgericht Essen, Urteil vom 12.03.2010
[Aktenzeichen: 56 KLs 20/08]
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Dokument-Nr. 12092
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