Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.09.2010
- I ZR 193/07, I ZR 37/08, I ZR 72/08, I ZR 98/08, I ZR 125/08, I ZR 26/09 -
BGH: Apotheken-Rabatte und -Zugaben von mehr als einem Euro für preisgebundene Arzneimittel unzulässig
Apotheken verstoßen gegen arzneimittelrechtliche Preisbindung
Bonussystemen bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch Apotheken sind größtenteils unzulässig. Eine Werbegabe im Wert von einem Euro kann noch als zulässig angesehen werden, bei einer Werbegabe im Wert von fünf Euro dagegen ist eine spürbare Beeinträchtigung zu bejahen. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
Die unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs (§ 4 Nr. 11 UWG*) sowie teilweise auch unter dem einer unangemessenen Kundenbeeinflussung (§ 4 Nr. 1 UWG*) auf Unterlassung in Anspruch genommenen Apothekeninhaber gewährten ihren Kunden beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln nach unterschiedlichen Systemen Preisnachlässe, die Rückerstattung der Praxisgebühr, Einkaufsgutscheine und/ oder Prämien. Die Kläger - in drei Fällen die Wettbewerbszentrale und in den übrigen Fällen Mitbewerber der Beklagten - sahen darin u.a. Verstöße gegen die im Arzneimittelrecht enthaltenen Preisbindungsvorschriften (§ 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG**; § 1 Abs. 1 und 4, § 3 AMPreisV***) sowie gegen das im Heilmittelwerberecht geregelte Verbot von Werbegaben (§ 7 HWG****). Die Vorinstanzen hatten die gegenüber den Rabatt- und Bonussystemen erhobenen Beanstandungen überwiegend für begründet erachtet und jeweils die Revision zugelassen.
Auch bei korrekter Preisansetzung kann Verstoß gegen arzneimittelrechtliche Preisbindung vorliegen
Der Bundesgerichtshof hat einen Verstoß gegen die arzneimittelrechtliche
Werbegabe ab 5,- Euro stellt Beeinträchtigung dar
Das beanstandete Verhalten der Apotheker ist aber nur dann geeignet, die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern i.S. des § 3 Abs. 1 UWG****** spürbar zu beeinträchtigen, wenn keine nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zulässige Werbegabe vorliegt. Der Bundesgerichtshof hat eine Werbegabe im Wert von einem Euro noch als zulässig angesehen, bei einer Werbegabe im Wert von 5 Euro dagegen eine spürbare Beeinträchtigung bejaht.
Arzneimittelpreisrecht auch im Versandhandel gültig?
In der Sache I ZR 72/08 stelle sich außerdem die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte
Entscheidung über Apotheken-Versandhandel muss von Obersten Gerichtshöfen getroffen werden
Der Senat möchte die Frage, ob das deutsche Arzneimittelpreisrecht auch für im Wege des Versandhandels nach Deutschland eingeführte
Erläuterungen
* - § 4 UWG:
Unlauter handelt insbesondere,
1. wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.
...
11. wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
** - § 78 AMG:
(1) ...
(2) ... 2 Ein einheitlicher Apothekenabgabepreis für
(3) 1 Für
*** - § 1 AMPreisV:
(1) Für
1. die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken oder Tierärzte (§ 2),
2. die Preisspannen sowie die Preise für besondere Leistungen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf (§§ 3, 6 und 7), ...
...
(4) Ausgenommen sind die Preisspannen und Preise von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.
**** - § 7 HWG:
(1) 1 Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass
1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt;
2. die Zuwendungen oder Werbegaben in
a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;
Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für
3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichen Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden;
4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder
5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihrer Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).
...
***** - § 3 AMPreisV:
(1) 1 Bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch die Apotheken sind zur Berechnung des Apothekenabgabepreises ein Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,10 € sowie die Umsatzsteuer zu erheben. ...
...
****** - § 3 UWG:
(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.09.2010
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Oberlandesgericht Bamberg, Urteil vom 10.10.2007
[Aktenzeichen: 3 U 24/07] - Landgericht Schweinfurt, Urteil vom 19.01.2007
[Aktenzeichen: 5 HK O 30/06]
- Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.02.2008
[Aktenzeichen: 6 U 141/07] - Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 28.06.2007
[Aktenzeichen: 15 O 74/07 KfH IV]
- Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.11.2007
[Aktenzeichen: 6 U 26/07] - Landgericht Darmstadt, Urteil vom 22.12.2006
[Aktenzeichen: 12 O 123/06]
- Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.04.2008
[Aktenzeichen: 5 U 189/06] - Landgericht Berlin, Urteil vom 14.11.2006
[Aktenzeichen: 102 O 91/06]
- Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 05.06.2008
[Aktenzeichen: 6 U 118/07] - Landgericht Darmstadt, Urteil vom 08.05.2006
[Aktenzeichen: 12 O 403/06] - Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 12.02.2009
[Aktenzeichen: 4 U 160/07] - Landgericht Offenburg, Urteil vom 12.09.2007
[Aktenzeichen: 5 O 107/06 KfH]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010 [Aktenzeichen: I ZR 125/08]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010 [Aktenzeichen: I ZR 193/07]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010 [Aktenzeichen: I ZR 26/09]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010 [Aktenzeichen: I ZR 37/08]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010 [Aktenzeichen: I ZR 72/08]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2014 [Aktenzeichen: I ZR 72/08]
- Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.09.2010 [Aktenzeichen: I ZR 98/08]
Jahrgang: 2011, Seite: 239 MMR 2011, 239 | Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR)
Jahrgang: 2011, Seite: 92 MMR 2011, 92
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 10244
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil10244
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.