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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2017
- XII ZB 415/16 -
BGH zu den Grenzen des Anspruchs auf Ausbildungsunterhalt
Vater muss bei einem Alter seiner Tochter von fast 26 Jahren zum Studienbeginn nicht mit der Aufnahme eines Studiums rechnen
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang die Eltern eine Berufsausbildung ihrer Kinder finanzieren müssen.
Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das antragstellende Land nimmt den Antragsgegner, dessen
Vater stellt Unterhaltszahlungen nach ausbleibender Reaktion der Tochter über Ausbildungsverlauf ein
Im September 2011 erhielt der
Verfahrensgang
Das Amtsgericht wies den auf Zahlung von insgesamt 3.452,16 Euro (BAföG-Vorausleistung für Oktober 2011 bis September 2012) gerichteten Antrag ab, das Oberlandesgericht wies die Beschwerde des Landes zurück.
Ausbildungsabschnitte bei Abitur-Lehre-Studium-Fällen müssen in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen
Die hiergegen eingelegte Rechtsbeschwerde blieb vor dem Bundesgerichtshof ohne Erfolg. Gemäß § 1610 Abs. 2 BGB* umfasst der Unterhalt eines Kindes die Kosten einer angemessenen
Unterhaltspflichtiger muss sich für eigene Lebensplanung auf Dauer der Unterhaltslast einstellen können
Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch ist zudem vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Ermöglichung einer Berufsausbildung steht auf Seiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden, wobei ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes unschädlich ist. Eine feste Altersgrenze, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Die Unterhaltspflicht richtet sich vielmehr nach den Umständen des Einzelfalls. Maßgeblich ist, ob den Eltern unter Berücksichtigung aller Umstände die Leistung von Ausbildungsunterhalt noch zumutbar ist. Dies wird nicht nur durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern bestimmt, sondern auch davon, ob und inwieweit sie damit rechnen müssen, dass ihr Kind weitere Ausbildungsstufen anstrebt. Denn zu den schützenswerten Belangen des Unterhaltspflichtigen gehört, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltslast dauern wird. Eine Unterhaltspflicht wird daher umso weniger in Betracht kommen, je älter der Auszubildende bei Abschluss seiner praktischen Berufsausbildung ist. Auch wenn der Unterhaltsanspruch keine Abstimmung des Ausbildungsplans mit dem Unterhaltspflichtigen voraussetzt, kann es der Zumutbarkeit entgegenstehen, wenn der Unterhaltspflichtige von dem Ausbildungsplan erst zu einem Zeitpunkt erfährt, zu dem er nicht mehr damit rechnen muss, zu weiteren Ausbildungskosten herangezogen zu werden.
Bei Alter von fast 26 Jahre zum Studienbeginn muss nicht mehr typischer Weise mit Aufnahme eines Studiums gerechnet werden
Nach diesen rechtlichen Maßgaben bestand im vorliegenden Fall kein Unterhaltsanspruch mehr. Allerdings ist das
Erläuterungen
* - § 1610 Maß des Unterhalts
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.05.2017
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Büdingen, Beschluss vom 29.10.2015
[Aktenzeichen: 53 F 994/14 UK] - Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.07.2016
[Aktenzeichen: 5 UF 370/15]
- Teilerlass von BAföG-Darlehen auch bei nicht klar geregelten Mindestausbildungszeiten möglich
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.06.2016
[Aktenzeichen: BVerwG 5 C 24.15, BVerwG 5 C 25.15, BVerwG 5 C 33.15, BVerwG 5 C 50.15 und BVerwG 5 C 52.15]) - Berufsausbildungsbeihilfe bei dualem Studium möglich
(Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28.04.2016
[Aktenzeichen: L 1 AL 84/14])
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Dokument-Nr. 24196
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