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Verfassungsgerichtshof des Saarlandes, Urteil vom 23.01.2006
- Lv 3/05 -
Verfassungsgerichtshof weist Antrag des Volksbegehrens "Rettet die Grundschulen im Saarland" auf Zulassung zurück
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes hat sich mit dem Volksbegehren "Rettet die Grundschulen im Saarland" befasst. Die Initiative hatte sich für eine Aufrechterhaltung von Grundschulen ausgesprochen, an denen in allen Klassenstufen nur eine Klasse oder durch Bildung von jahrgangsübergreifendem Unterricht insgesamt nur zwei Klassen gebildet werden könnten. Das geltende Recht geht demgegenüber von der grundsätzlichen Zweizügigkeit von Grundschulen aus. Die Landesregierung hatte den von rund 30.000 Bürgerinnen und Bürgern unterstützten Antrag, das Volksbegehren zuzulassen, am 17.5.2005 abgelehnt. Das hatte der Vertrauensmann des Volksbegehrens angefochten. Sein Antrag war erfolglos.
Zur Begründung hat der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes ausgeführt, das Volksbegehren sei zwar nicht schon, wie die Landesregierung meine, unzulässig, weil es sich auf eine frühere, vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung schulrechtlicher Vorschriften vom 11.5.2005 geltende Rechtslage beziehe. Es sei aber "finanzwirksam" im Sinne des Art. 99 Abs.1 S.3 der Verfassung des Saarlandes.
Den Ausschluss "finanzwirksamer" Gesetze kenne nur die Verfassung des Saarlandes. Finanzwirksame Gesetze seien alle Gesetze, deren "materielle Umsetzung" finanzielle Folgen habe. Dabei komme es nicht auf deren Höhe oder ihre Relevanz für den Haushaltsausgleich an und auch nicht auf mögliche Kompensationen. Denn schon aus den weiteren Ausschlüssen, die einem Plebiszit entgegenstünden - Gesetze über Staatsleistungen seien der Volksgesetzgebung beispielsweise gleichfalls von Verfassungs wegen entzogen - ergebe sich, dass die Wesentlichkeit oder Erheblichkeit der finanziellen Folgen keine Rolle spiele.
Auch zeigten die Regelungen der Verfassung über die Verantwortung für den Haushalt, dass nur der Landtag und die Landesregierung befugt seien, über Einnahmen und Ausgaben des Staates zu befinden. Denn nur sie stünden auch in der Verantwortung, für einen ausgeglichen Haushalt zu sorgen. Sie seien zugleich verpflichtet, die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben zur Haushaltskonsolidierung zu erfüllen. Das dürfe von der Volksgesetzgebung, die keine gleichartige Verantwortung treffe, nicht unterlaufen werden.
Auch gebe es gar keine hinreichend klaren Kriterien, die Wesentlichkeit oder Unwesentlichkeit von Mehrausgaben oder der Verhinderung von Einsparungen zu bestimmen. Der Volksgesetzgebung blieben dennoch weite Bereiche der Gesetzgebung. Dabei könne es - beispielsweise - um den Schutz bürgerlicher Freiheiten gehen oder um grundsätzliche politische Konzepte wie die von Schulen zu vermittelnden Inhalte und die von ihnen zu stellenden Anforderungen.
Nach diesem Maßstab sei das Vorhaben des Volksbegehrens nicht "kostenneutral" umzusetzen. Während nach den Angaben der Landesregierung in den nächsten drei Jahren 400 Grundschulklassen nach dem Gesetzentwurf des Volksbegehrens nicht geschlossen werden dürften, seien es nach den eigenen Angaben des Volksbegehrens immer noch 200 Grundschulklassen. Vor allem aber sei evident, dass eine Schulorganisation, die es gebiete, Grundschulen auch dann aufrecht zu erhalten, wenn sie nur einzügig oder gar mit nur zwei Klassen bei jahrgangsübergreifendem Unterricht fortgeführt werden könnten, nachhaltig teurer sei als eine solche, die von der Zweizügigkeit als der Mindestvoraussetzung eines geordneten Schulbetriebs ausgehe.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.01.2006
Quelle: ra-online Redaktion, Pressemitteilung des VGH des Saarlandes vom 23.01.2006
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