Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.04.2017
- LwZR 4/16 -
Pächter von Ackerland kann für Entstehung von Dauergrünland schadensersatzpflichtig sein
Pächter ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Pächter, der als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland nutzt, verpflichtet sein kann, dem Verpächter den Schaden zu ersetzen, der durch die (aufgrund der ununterbrochenen Nutzung als Grünland) europarechtlich vorgegebene Einordnung der gepachteten Flächen als Dauergrünland entsteht. Bei der Bemessung des Schadens kann allerdings ein Mitverschulden des Verpächters zu berücksichtigen sein.
In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahr 2000 mehrere Grundstücke "zur landwirtschaftlichen Nutzung" an den Beklagten verpachtet. In dem
Entstehung von Dauergrünland hätte nach Auffassung der Klägerin entgegengewirkt werden müssen
Nach der Rechtslage zu Beginn des Pachtverhältnisses durften die Grundstücke unabhängig von der Dauer ihrer Nutzung als Grünland in Ackerland umgewandelt werden. Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. Da die Grundstücke zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs gewesen sind, unterliegen sie einem landesrechtlichen Umbruchverbot nach der am 13. Mai 2008 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsverordnung (DGL-VO SH) und dem zum 1. November 2013 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsgesetz (DGLG SH); dem liegen Vorgaben der Europäischen Union zugrunde. Zudem liegen die Grundstücke vollständig in einem im Jahr 2006 ausgewiesenen Europäischen Vogelschutzgebiet und darüber hinaus teilweise in einem 2010 ausgewiesenen FFH-Gebiet (einem europäischen Schutzgebiet nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie). Infolgedessen könnte die Möglichkeit zum Umbruch jetzt nur noch durch den Nachweis von Ersatzflächen in demselben Vogelschutz- bzw. FFH-Gebiet wiederhergestellt werden. Die Klägerin verlangt
Verfahrensgang
Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat den Beklagten, soweit von Interesse, zur Zahlung von
Im Pachtvertrag vorausgesetzten Nutzungsmöglichkeiten müssen bestehen bleiben
Die von dem Oberlandesgericht zugelassene Revision wies der Bundesgerichtshof nun zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es dem Beklagten rechtlich und tatsächlich möglich gewesen wäre, den Schadenseintritt durch eine rechtzeitige Änderung der Nutzung von Grünland zu Ackerland ("Umbruch") abzuwenden; hierzu war er vertraglich verpflichtet. Zwar hat der Beklagte keine unerlaubte Nutzungsänderung (§ 590 Abs. 2 Satz 1 BGB**) vorgenommen, weil die Flächen schon bei Übergabe als Grünland bewirtschaftet wurden und er diese Nutzung fortgesetzt hat. Der Pächter ist aber zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet (§ 586 Abs. 1 Satz 3 BGB*) und hat sie in einem Zustand zurückzugeben, der einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§ 596 Abs. 1 BGB***). Werden - wie hier - als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland genutzt, entspricht es vorbehaltlich besonderer vertraglicher Vereinbarungen ordnungsmäßiger Bewirtschaftung, die Ackerlandeigenschaft zu erhalten und die Entstehung von Dauergrünland durch einen rechtzeitigen Umbruch abzuwenden. Der Pächter hat nämlich - soweit es ihm möglich ist - dafür zu sorgen, dass die in dem
Auch Verpächter kann Mitverschulden treffen
Nicht zu beanstanden ist es ferner, dass das Oberlandesgericht von einem Verschulden des Beklagten ausgeht, während es ein Mitverschulden der Klägerin verneint. Allerdings kann ein Mitverschulden des Verpächters in Betracht kommen, wenn er es unterlässt, den Pächter zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten, sofern ihm die Nutzung als Grünland bekannt war und er die drohende Entstehung von Dauergrünland erkennen konnte; in aller Regel wird Letzteres jedoch voraussetzen, dass der Verpächter aktiver Landwirt ist, woran es hier fehlt. Hinsichtlich der Schadenshöhe sind Rechtsfehler nicht ersichtlich.
Erläuterungen
* - § 568 Abs. 1 Satz 3 BGB:
"Er [= der Pächter] ist zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet."
** - § 590 BGB:
(1) Der Pächter darf die landwirtschaftliche Bestimmung der Pachtsache nur mit vorheriger Erlaubnis des Verpächters ändern.
(2) Zur Änderung der bisherigen Nutzung der Pachtsache ist die vorherige Erlaubnis des Verpächters nur dann erforderlich, wenn durch die Änderung die Art der Nutzung über die Pachtzeit hinaus beeinflusst wird [...].
*** - § 596 Abs. 1 BGB:
"Der Pächter ist verpflichtet, die Pachtsache nach Beendigung des Pachtverhältnisses in dem Zustand zurückzugeben, der einer bis zur Rückgabe fortgesetzten ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht."
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.05.2017
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Ratzeburg, Urteil vom 21.04.2015
[Aktenzeichen: 1 Lw 14/14] - Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 03.05.2016
[Aktenzeichen: 2 L U 7/15]
- Landwirtschaftlich genutzte Grundstücke bleiben in der Landwirtschaft
(Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 08.12.2016
[Aktenzeichen: 10 W 57/16]) - Landpacht: Im Jahr 2005 eingeführte Flächenprämien müssen bei Beendigung eines Altvertrages nicht herausgegeben werden
(Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 18.06.2013
[Aktenzeichen: 10 U 6/13])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 24188
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil24188
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.