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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.10.2014
XII ZB 257/14 -

Versäumung der Beschwerde­begründungs­frist: Bei Möglichkeit eines Telefonats und einer Fahrt zum Arzt trotz Erkrankung besteht Pflicht zur Stellung eines Frist­verlängerungs­antrags

Fehlende Antragsstellung begründet schuldhafte Fristversäumnis und schließt somit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus

Wenn ein Rechtsanwalt trotz Erkrankung in der Lage ist ein Telefonat mit seiner Kanzlei zu führen und zu einem nahegelegenen Arzt zu fahren, besteht auch die Möglichkeit eine Fristverlängerung zu beantragen. Unterlässt er dies und versäumt er dadurch eine Frist, so liegt eine schuldhafte Fristversäumnis vor und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt war damit beauftragt gegen den Beschluss eines Amtsgerichts Beschwerde einzulegen. Dem kam er im November 2013 auch nach. Aufgrund einer Seitenstrangangina mit hohem Fieber versäumte der Rechtsanwalt aber die Beschwerdebegründungsfrist. Er beantragte daher die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er sei aufgrund der Erkrankung arbeits-, verhandlungs- und handlungsunfähig gewesen und habe daher keine Fristverlängerung beantragen können. Zudem habe seine Kanzleiangestellte die beiden in der Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwälte nicht erreichen können, damit diese einen Fristverlängerungsantrag stellen können. Darüber hinaus habe die sonst absolut gewissenhafte, sorgfältige und zuverlässige Angestellte es versäumt die Fristen zu kontrollieren.

Oberlandesgericht lehnte Wiedereinsetzungsantrag ab

Das Oberlandesgericht Düsseldorf lehnte den Wiedereinsetzungsantrag jedoch ab. Seiner Einschätzung nach habe der Rechtsanwalt die Frist schuldhaft versäumt. Es sei nicht ersichtlich gewesen, warum der Rechtsanwalt einerseits in der Lage war in die nahegelegene Arztpraxis zu fahren und ein Telefonat mit seiner Angestellten zu führen, aber andererseits sich außerstande fühlte in seiner Kanzlei einen vorbereiteten Verlängerungsantrag zu unterschreiben oder sich von seiner Angestellten einen solchen zur Unterschrift nach Hause bringen lassen konnte. Gegen diese Entscheidung legte der Anwalt Rechtsbeschwerde ein.

Bundesgerichtshof bejahte ebenfalls schuldhafte Fristversäumnis

Der Bundesgerichtshof folgte der Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Rechtsbeschwerde zurück. Auf ein eventuelles Verschulden der Kanzleiangestellten sei es nicht angekommen, da insofern dem Rechtsanwalt ein Verschulden an der Fristversäumnis anzulasten gewesen sei. Aus den ärztlichen Attesten sei nicht zu entnehmen gewesen, dass es dem Anwalt nicht möglich und zumutbar war eine Fristverlängerung zu beantragen. Zwar habe sie eine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, nicht jedoch eine Handlungsunfähigkeit. Vielmehr habe der Umstand, dass er zum Arzt fahren und ein Telefonat mit seiner Angestellten führen konnte, dafür gesprochen, dass er handlungsfähig war.

Ausschöpfung der Frist bis zum letzten Tag nicht zu beanstanden

Der Bundesgerichtshof verwies zudem darauf, dass die Ausschöpfung einer Frist bis zum letzten Tag nicht zu beanstanden sei. In diesem Fall habe der Rechtsanwalt aber wegen des damit einhergehenden Risikos der Fristversäumnis eine erhöhte Sorgfalt anzuwenden, um die Einhaltung der Frist zu gewährleisten. Er müsse sich daher durch konkrete Maßnahmen auf einen krankheitsbedingten Ausfall vorbereiten. Zu den möglichen und zumutbaren Maßnahmen gehöre etwa die Einschaltung eines Vertreters oder die Stellung eines Verlängerungsantrags.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.11.2014
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 08.04.2014
    [Aktenzeichen: II-5 UF 196/13]
Aktuelle Urteile aus dem Berufsrecht der Anwälte | Zivilprozessrecht
Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Anwaltsblatt (AnwBl)
Jahrgang: 2015, Seite: 98
AnwBl 2015, 98
 | Zeitschrift: NJW-Spezial
Jahrgang: 2015, Seite: 31, Entscheidungsbesprechung von Christian Dahns
NJW-Spezial 2015, 31 (Christian Dahns)

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Dokument-Nr.: 19191 Dokument-Nr. 19191

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