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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 08.02.2005
1 C 29.03 -

Flüchtlingsanerkennung für aus Syrien stammende Jeziden türkischer Staatsangehörigkeit?

Der 1. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hatte heute darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen aus Syrien stammende Kurden jezidischen Glaubens mit türkischer Staatsangehörigkeit einen Anspruch auf Abschiebungsschutz für politische Flüchtlinge (nach § 60 Abs. 1 des neuen Aufenthaltsgesetzes = § 51 Abs. 1 des früheren Ausländergesetzes) haben.

Die im Nordosten Syriens (Provinz Hassake) geborene Klägerin kam im Frühjahr 2000 aus Syrien nach Deutschland und gab an, sie habe bisher ausschließlich in Syrien gelebt und sei nicht syrische Staatsangehörige. Ihren Asylantrag wies das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (jetzt: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) ab und drohte ihr die Abschiebung nach Syrien an. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht machte die Klägerin geltend, sie sei türkische Staatsangehörige. Diese Staatsangehörigkeit habe sie von ihrem Vater erworben, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Türkei nach Syrien ausgewandert sei und dort als Ausländer gelebt habe. In der Türkei würden die Jeziden wegen ihrer Religion verfolgt. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht Münster gab ihr statt. Es ging davon aus, dass die Klägerin nach türkischem Recht seit ihrer Geburt in Syrien türkische Staatsangehörige ist und dass die Jeziden in der Türkei einer mittelbaren Gruppenverfolgung durch die muslimische Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt sind. Das Oberverwaltungsgericht hat ihr deshalb Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung zugesprochen und die Abschiebungsandrohung aufgehoben. Mit der Revision hat sich das Bundesamt auf eine abweichende Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte bezogen, nach der es auf eine etwaige politische Verfolgung der Klägerin in der Türkei nicht ankomme. Zu prüfen sei lediglich, ob ihr im Abschiebezielstaat Syrien Verfolgung drohe.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Tatsachenfeststellung an das Oberverwaltungsgericht Münster zurückverwiesen. Es gab dem Berufungsgericht darin Recht, dass im Asylverfahren unabhängig von der Androhung der Abschiebung in einen bestimmten Staat (hier: Syrien) stets zu prüfen ist, ob die Asylbewerber vom Staat ihrer Staatsangehörigkeit (hier: Türkei) – bei Staatenlosen vom Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts – verfolgt wer-den. Das gilt auch für die Gewährung von Abschiebungsschutz für politische Flüchtlinge (nach § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz, Art. 1 A der Genfer Flüchtlingskonvention). Das Berufungsgericht hätte sich aber zusätzlich damit befassen müssen, ob die Klägerin in ihrem bisherigen Aufenthaltsstaat Syrien ausreichend geschützt war. Dann käme Syrien wegen der Subsidiarität des internationalen Flüchtlingsschutzes weiterhin als vorrangiges Zufluchtsland in Betracht. Wäre dies der Fall, dann könnte ihre Anerkennung als Flüchtling wegen des bereits anderweitig erlangten Schutzes ausgeschlossen sein. Hierfür ist u.a. von Bedeutung, ob Syrien zu ihrer Rückübernahme bereit ist. Weil das Bundesverwaltungsgericht die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann, hat es das Verfahren zurückverwiesen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.02.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 2/2005 des BVerwG vom 08.02.2005

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