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Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.04.2005
- BVerwG 4 VR 1005.04 -
Flughafen Berlin-Schönefeld darf vorläufig nicht weiter ausgebaut werden
Eilanträge gegen Flughafen Berlin-Schönefeld weitgehend erfolgreich
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat den Eilanträgen mehrerer Anwohner weitgehend stattgegeben, die sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld gewandt haben. Damit dürfen die Träger des Vorhabens (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH, DB Netz AG, DB Station und Service AG) bis zur Entscheidung über die Klagen in der Hauptsache von dem Planfeststellungsbeschluss keinen Gebrauch machen, also – mit Ausnahme einiger vorbereitender Tätigkeiten – nicht mit Bau- oder sonstigen Maßnahmen beginnen. Über den Erfolg oder Misserfolg der Klagen in der Hauptsache sagt diese Eilentscheidung nichts aus; der zuständige 4. Senat des Gerichts bezeichnet vielmehr den endgültigen Verfahrensausgang ausdrücklich als offen. Maßgebender Grund für die Eilentscheidung ist vielmehr zu verhindern, dass schon jetzt vollendete Tatsachen geschaffen werden können, obwohl der Planfeststellungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist.
Der gegenwärtige Verfahrensstand ist folgender: Gegen den Planfeststellungsbeschluss des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 haben knapp 4000 Personen Klage beim Bundesverwaltungsgericht erhoben, das hierfür nach der Sonderregelung des sog. Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes erst- und letztinstanzlich zuständig ist. Diese Klagen haben nach dem Luftverkehrsgesetz keine aufschiebende Wirkung, d. h. der von einem solchen Planfeststellungsbeschluss begünstigte Träger des Vorhabens darf trotz der erhobenen Klagen die Planung umsetzen. Gegen diese sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses hat eine Reihe von Klägern vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, durch gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen die Durchführung der geplanten Baumaßnahmen einstweilen zu unterbinden. Mit diesen Anträgen hatten die Antragsteller des heute entschiedenen Eilverfahrens weitgehend Erfolg.
Das Bundesverwaltungsgericht führt zur Begründung seines Beschlusses im Wesentlichen aus: Im derzeitigen Verfahrensstadium lässt sich noch nicht beurteilen, welche Erfolgsaussichten die erhobenen Klagen haben. Erst im Verfahren der Hauptsache kann die Vielzahl der durch die Klagen aufgeworfenen, zum Teil schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen verlässlich geklärt werden. Die zu behandelnden Themen betreffen u. a. folgende Fragen: Bedarf für einen "Single-Airport" der geplanten Größenordnung, Wahl des Standorts Schönefeld im Vergleich zu in Betracht kommenden Alternativstandorten, Vorgaben des Raumordnungsrechts, Lärmbelastung und Lärmschutzmaßnahmen, Sicherheitsprobleme, Wasserschutz, Bodenschutz und Naturschutz.
Für die Entscheidung über die Eilanträge kommt es deshalb allein auf eine Bewertung und Abwägung der widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten an (sog. Folgenabwägung). Danach ist das Interesse der Antragsteller, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, höher einzuschätzen als das Interesse des Antragsgegners (Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr) und der zum Verfahren beigeladenen Träger des Vorhabens, schon jetzt mit der Verwirklichung der Planung zu beginnen. Das Planvorhaben ist mit baulichen und sonstigen Eingriffen verbunden, die geeignet sind, das Gesicht des davon betroffenen Raumes weit über den vorhandenen Flughafen hinaus nachhaltig zu verändern. Solche, möglicherweise nur schwer rückgängig zu machenden Eingriffe – etwa der als erste Großbaumaßnahme für Januar 2006 vorgesehene Baubeginn für den unterirdischen Flughafenbahnhof – zuzulassen, erscheint dem Gericht nicht vertretbar, wenn noch kein rechtskräftiger Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Demgegenüber muss das Interesse des Antragsgegners und der Träger des Vorhabens, ohne Zeitverzug das Vorhaben in Angriff zu nehmen, zurücktreten. Etwaige Verzögerungen werden sich voraussichtlich in Grenzen halten. Denn das Gericht ist bemüht, über die aus den knapp 4000 Klagen auszuwählenden "Musterklagen" im Verlauf des ersten Halbjahres 2006 zu entscheiden.
Den Interessen des Antragsgegners und der Träger des Vorhabens trägt die Eilentscheidung insofern Rechnung als die Vornahme bestimmter vorbereitender Tätigkeiten von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen ausgenommen wurde. Es handelt sich um folgende Maßnahmen, die die Träger des Vorhabens nach einem von ihnen zu den Gerichtsakten eingereichten "Rahmenterminplan" im Lauf des Jahres 2005 in Angriff nehmen möchten: "Vorabmaßnahmen" (z. B. Untersuchungen und Maßnahmen zur Sanierung bestimmter Altlastenflächen, Baugrunduntersuchungen), "Beräumung und Baufeldfreimachung", "Vorflut und Grundwasserhaltung" (Ausbau der Vorflut, Maßnahmen der Bauwasserüberleitung, Grundwasserabsenkungen). Diese in dem Rahmenterminplan näher bezeichneten Maßnahmen ziehen keine irreparablen Nachteile für die Rechtspositionen der Antragsteller nach sich und dürfen von den Trägern des Vorhabens auf eigenes Risiko durchgeführt werden.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.04.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 21/05 des BVerwG vom 14.04.2004
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