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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 06.03.2014
- C-595/12 -
Ausschluss von Ausbildungsmaßnahmen wegen Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub stellt Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar
Automatischer Ausschluss vom Berufsausbildungskursen verstößt gegen das Unionsrecht
Der automatische Ausschluss einer Arbeitnehmerin von einem Ausbildungskurs wegen der Inanspruchnahme eines obligatorischen Mutterschaftsurlaubs verstößt gegen das Unionsrecht. In einem solchen Fall kann eine Arbeitnehmerin nicht in gleicher Weise wie ihre Kollegen in den Genuss einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen gelangen. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.
Im Jahr 2009 absolvierte Frau Napoli erfolgreich das Auswahlverfahren für Vizekommissare der Justizvollzugspolizei und wurde am 5. Dezember 2011 zur Teilnahme am Ausbildungskurs zugelassen, der am 28. Dezember 2011 beginnen sollte. Nachdem Frau Napoli am 7. Dezember entbunden hatte, befand sie sich nach der nationalen Regelung für drei Monate bis zum 7. März 2012 im obligatorischen Mutterschaftsurlaub. Mit Bescheid vom 4. Januar 2012, der gemäß der italienischen Regelung erging, teilte die Amministrazione penitenziaria Frau Napoli mit, dass sie nach Ablauf der ersten 30 Tage des Mutterschaftsurlaubs von dem betreffenden Kurs ausgeschlossen und die Zahlung ihrer Bezüge ausgesetzt werde. Die italienische Verwaltung wies darauf hin, dass sie automatisch zum nächsten veranstalteten Kurs zugelassen werde.
Nationales Gericht erbittet Vorabentscheidung über möglichen Verstoß gegen EU-Recht durch nationale Regelung zum Ausschluss von Ausbildungskursen wegen eines Mutterschafsurlaubs
Das mit dem Rechtsstreit befasste Tribunale amministrativo regionale per il Lazio (Regionales Verwaltungsgericht Latium) fragt den Gerichtshof, ob die Richtlinie über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen* einer nationalen Regelung entgegensteht, die eine Frau wegen der Inanspruchnahme eines obligatorischen Mutterschaftsurlaubs von einer Berufsausbildung, die Teil ihres Beschäftigungsverhältnisses und vorgeschrieben ist, um endgültig auf eine Beamtenstelle ernannt werden und damit in den Genuss verbesserter Beschäftigungsbedingungen gelangen zu können, ausschließt, die ihr dabei aber das Recht garantiert, an der nächsten organisierten
EuGH verweist auf Diskriminierung aufgrund des Geschlechts wegen ungünstigerer Behandlung
In seinem Urteil erinnert der Gerichtshof daran, dass nach dem Unionsrecht eine ungünstigere Behandlung einer Frau im Zusammenhang mit
Kursteilnahme würde Aufstieg in höheren Dienstgrad ermöglichen
Es steht fest, dass Frau Napoli in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt ist und dass die Kurse, von denen sie aufgrund ihrer Abwesenheit wegen Mutterschaftsurlaubs ausgeschlossen wurde, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses veranstaltet werden und dazu bestimmt sind, sie auf eine Prüfung vorzubereiten, die ihr, wenn sie sie besteht, den Aufstieg in einen höheren Dienstgrad ermöglichen würde.
Ausschluss vom Berufsausbildungskurs hatte nachteiligen Einfluss auf Arbeitsbedingungen
Der Gerichtshof stellt zwar fest, dass der Mutterschaftsurlaub die Stellung eines Vizekommissarsanwärters von Frau Napoli nicht beeinflusst hat (was ihr die Aufnahme in den nächsten Kurs garantiert) und dass sie den Arbeitsplatz zurückerhalten hat, auf dem sie vor ihrem Mutterschaftsurlaub beschäftigt worden war. Dennoch hatte der Ausschluss vom Berufsausbildungskurs wegen der Inanspruchnahme des Mutterschaftsurlaubs einen nachteiligen Einfluss auf die
Automatischer Ausschluss von Kursteilnahm ist nicht mit Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar
Der Gerichtshof stellt daher fest, dass der Ausschluss vom ersten Kurs und das anschließende Verbot, an der abschließenden Prüfung teilzunehmen, den Verlust einer Chance von Frau Napoli bewirken, in gleicher Weise wie ihre Kollegen in den Genuss einer Verbesserung der
Erfordernis vollständiger Ausbildung der Bewerber kann mit gleichwertigen Nachschulungskursen ausgeglichen werden
Zur Gewährleistung der wesentlichen Gleichheit zwischen Männern und Frauen verfügen die Mitgliedstaaten über einen gewissen Ermessensspielraum: So können die zuständigen Behörden das Erfordernis der vollständigen
Entgegenstehende nationale Bestimmung müssen unangewendet bleiben
Der Gerichtshof schließt mit der Feststellung, dass die Bestimmungen der Richtlinie hinreichend klar, genau und unbedingt sind, um unmittelbare Wirkung entfalten zu können. Daher ist das nationale Gericht, das sie anzuwenden hat, verpflichtet, deren volle Wirksamkeit dadurch zu gewährleisten, dass es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Bestimmung aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt.
Erläuterungen
* - Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204, S. 23).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.03.2014
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- Arbeitnehmerin erhält Entschädigung wegen diskriminierender Kündigung aufgrund ihrer Schwangerschaft
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.12.2013
[Aktenzeichen: 8 AZR 838/12]) - "Freuen Sie sich auf Ihr Kind": BAG zur geschlechtsspezifischen Benachteiligung wegen Schwangerschaft bei einer Stellenbesetzung
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.04.2008
[Aktenzeichen: 8 AZR 257/07])
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Dokument-Nr. 17808
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