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Europäisches Gericht Erster Instanz, Urteil vom 29.06.2012
- T-360/09 und T-370/09 -
Kartellabsprachen auf Deutschen und Französischen Gasmärkten: EuG setzt Geldbußen gegen E.ON und GDF Suez auf 320 Millionen Euro fest
Höhe der verhängenden Geldbuße unter Berücksichtigung insbesondere der Dauer und der Schwere der Zuwiderhandlung gerechtfertigt
Das Gericht der Europäischen Union hat die gegen E.ON und GDF Suez wegen Aufteilung des französischen und des deutschen Erdgasmarkts festgesetzten Geldbußen von je 553 Mio. Euro für jede Gesellschaft auf 320 Mio. Euro herabgesetzt. Das Gericht bestätigte zwar im Wesentlichen die Entscheidung der Kommission, stellt jedoch fest, dass die Beurteilung der Dauer der Zuwiderhandlung auf jedem der Märkte durch die Kommission fehlerhaft war.
Mit Entscheidung* vom 8. Juli 2009 verhängte die Kommission gegen E.ON und GDF Suez Geldbußen in Höhe von je 553 Mio. Euro wegen Verletzung des europäischen Wettbewerbsrechts durch den Abschluss einer Vereinbarung zur Aufteilung des französischen und des deutschen Erdgasmarkts.
Sachverhalt
Diese Vereinbarung wurde 1975 getroffen, als die Ruhrgas AG (nunmehr E.ON Ruhrgas, zum E.ON-Konzern gehörig) und GDF (heute zu GDF Suez gehörig) beschlossen, gemeinsam die Gasfernleitung MEGAL quer durch
Kommission beanstandet Zuwiderhandlungen Frankreichs beginnend im Jahr 2000
In Bezug auf den französischen Markt befand die Kommission, dass die Zuwiderhandlung am 10. August 2000 begonnen habe, dem Tag, an dem die Erste Gasrichtlinie, die die Liberalisierung des Gasmarkts vorgesehen hat, hätte umgesetzt sein müssen. Vor diesem Zeitpunkt habe das fragliche Verhalten wegen des zugunsten von GDF bestehenden gesetzlichen Monopols für die Einfuhr und Lieferung von Gas den Wettbewerb nicht beschränken können. Auch wenn die Erste Gasrichtlinie in
Zuwiderhandlung Deutschland beginnen nach Auffassung der Kommission bereits 1980
Hinsichtlich des deutschen Marktes ging die Kommission davon aus, dass die Zuwiderhandlung am 1. Januar 1980 begonnen habe, dem Tag der vollständigen Inbetriebnahme der MEGAL-Gasfernleitung. Im Gegensatz zur Situation in
Vereinbarung zwischen Gesellschaften bestand bis mindestens Ende September 2005
Was das Ende der Zuwiderhandlung angeht, vertrat die Kommission trotz der Behauptung der beiden Gesellschaften in einer Vereinbarung vom 13. August 2004, dass sie die wettbewerbswidrigen Teile der MEGAL-Vereinbarung seit langem für nichtig erachteten, die Auffassung, dass diese Vereinbarung in Wirklichkeit bis mindestens Ende September 2005 weiterhin Wirkungen entfaltet habe. So hat die Kommission dieses Datum als dasjenige der Beendigung der Zuwiderhandlung auf beiden Märkten berücksichtigt.
Gesellschaften klagen auf Herabsetzung der festgesetzten Geldbußen
Sowohl E.ON als auch GDF Suez haben gegen diese Entscheidung beim Gericht Klage auf deren Nichtigerklärung und Herabsetzung der gegen sie jeweils festgesetzten
EuG bestätigt im Wesentlichen Entscheidung der Kommission
In seinen Urteilen weist das Gericht das Vorbringen der Klägerinnen größtenteils zurück und bestätigt die Entscheidung der Kommission im Wesentlichen. Das Gericht stellt jedoch fest, dass der Kommission bei der Bestimmung der Dauer der Zuwiderhandlung zwei Fehler unterlaufen sind.
Dauer der Zuwiderhandlung seitens der Kommission fehlerhaft bestimmt
Was erstens den Beginn der Zuwiderhandlung auf dem deutschen Markt angeht, hat das Zusammenwirken der (durch Freistellung bis zum 24. April 1998 gedeckten) Demarkations- und ausschließlichen Konzessionsverträge zu einem System geschlossener Versorgungsgebiete geführt, ohne dass allerdings anderen Unternehmen die Lieferung von Erdgas gesetzlich verboten gewesen wäre. Demgemäß war der deutsche Gasmarkt bis zum 24. April 1998, dem Tag, von dem an diese Vereinbarungen nicht mehr freigestellt waren, durch das Bestehen zulässiger faktischer Gebietsmonopole gekennzeichnet. Diese Situation konnte dazu führen, dass auf diesem Markt keinerlei – weder ein tatsächlicher noch ein potenzieller – Wettbewerb stattfand, wobei es unerheblich ist, dass in
Anhaltspunkte für anhaltende Zuwiderhandlung auf dem französischen Markt nicht erkennbar
Was zweitens das Ende der Zuwiderhandlung auf dem französischen Markt betrifft, stellt das Gericht fest, dass die Kommission keine Anhaltspunkte vorgebracht hat, die die Schlussfolgerung zulassen, dass die Zuwiderhandlung im Anschluss an die Vereinbarung von August 2004 auf dem französischen Markt angedauert hat. Hingegen belegen mehrere nach dieser Vereinbarung entstandene Schriftstücke und das Verhalten von GDF auf dem deutschen Markt, dass die Zuwiderhandlung in
Teilweise Nichtigerklärung der Kommissionsentscheidung führt zwangsläufig zur Herabsetzung der Geldbuße
Das Gericht hält, um der teilweisen Nichtigerklärung von Art. 1 der Entscheidung Rechnung zu tragen, eine Herabsetzung der gegen die beiden Gesellschaften festgesetzten Geldbußen für geboten. Bei Anwendung der von der Kommission für die Festsetzung der Höhe der
Erläuterungen
* - Entscheidung K(2009) 5355 endg. der Kommission vom 8. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (Sache COMP/39.401 – E.ON/GDF).
** - In den Demarkationsverträgen vereinbarten die Unternehmen untereinander, das Gebiet des jeweils anderen nicht mit Elektrizität oder Gas zu beliefern.
*** - In den ausschließlichen Konzessionsverträgen räumte eine Gebietskörperschaft einem Unternehmen ein ausschließliches Recht zur Nutzung öffentlicher Grundstücke für den Bau und Betrieb von Elektrizitäts- und Gasverteilernetzen ein.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.06.2012
Quelle: Gericht der Europäischen Union/ra-online
- BGH: Preisgestaltung der Gasversorger unterliegt kartellrechtlicher Missbrauchskontrolle
(Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.12.2008
[Aktenzeichen: KVR 2/08]) - Übereignungsanspruch an Strom- und Gasleitungen bei Wechsel des Energieversorgers
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.09.2009
[Aktenzeichen: EnZR 14/08 und EnZR 15/08]) - E.ON Ruhrgas muss wettbewerbswidrige Lieferverträge beenden
(Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 20.06.2006
[Aktenzeichen: VI-2 Kart 1/06 (V)])
Fundierte Fachartikel zum diesem Thema beim Deutschen Anwaltsregister:
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Dokument-Nr. 13722
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