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Kammergericht Berlin, Beschluss vom 15.03.2012
19 UF 186/11 -

Verdachtsdiagnose "Transsexualität": Keine Rückübertragung der Gesundheitssorge für 11jähriges Kind vom Jugendamt auf die Kindesmutter

Rückübertragung wegen fortdauernder Gefahr für das Kindeswohl gegenwärtig ausgeschlossen

Das Berliner Kammergericht hat die Beschwerde einer Mutter zurückgewiesen, die vor dem Hintergrund der Verdachtsdiagnose der Transsexualität ihres 11jährigen Kindes die Rückübertragung der Gesundheitssorge vom Jugendamt auf sich verlangt hatte. Mit seiner Entscheidung bestätigte das Gericht die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts, das eine Rückübertragung der Gesundheitssorge auf die Eltern ebenso abgelehnt hatte wie eine Rückübertragung auf die Kindesmutter allein.

Das Gericht führte in seiner Entscheidungsbegründung aus, dass eine Rückübertragung wegen einer fortdauernden Gefahr für das Kindeswohl gegenwärtig nicht in Betracht komme. Die Kindeseltern seien uneins über die Art einer notwendigen medizinischen Begleitung wegen einer möglichen Transsexualität. Deswegen bestehe die Gefahr, dass eine Blockade weiterer Diagnostik zu einer massiven Schädigung des Kindes führe. Das Gericht hielt es für dringend geboten, die Frage der Transsexualität zu klären und in der gebotenen Form zu behandeln, was auch eine Unterstützung dieser Entwicklung unter Einschluss von Maßnahmen vor Eintritt der Volljährigkeit beinhalten kann. Dabei ginge es nicht darum, bereits über einen bestimmten Behandlungsweg zu befinden, sondern dem Kind den Zugang zu einer medizinischen Behandlung überhaupt offen zu halten.

Feststellung der Gefahr einer Blockade weiterer Diagnostik bedarf keines Sachverständigengutachtens

Um diese Gefahr - und daran anschließend die Verhältnismäßigkeit des Entzuges der Gesundheitsfürsorge sowie deren Übertragung auf einen Ergänzungspfleger - festzustellen, bedürfe es entgegen der Ansicht der Kindesmutter keines Sachverständigengutachtens. Die Gefahr sei unstreitig und werde von der Mutter selbst angeführt, um die von ihr befürwortete Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf sie allein zu rechtfertigen. Auch sie mache geltend, dass X. ‚dringend fachliche Hilfe und Unterstützung benötige' (…) Die Frage der Verhältnismäßigkeit sei eine juristische, die nicht durch ein Gutachten geklärt, sondern vom Gericht beantwortet werden müsse.

Ausübung der Gesundheitsfürsorge durch Kindesmutter allein zum Wohle des Kindes zweifelhaft

Eine Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf die Kindesmutter allein scheide schon deshalb aus, weil derzeit nicht gesichert erscheine, dass sie diese allein zum Wohle des Kindes ausüben würde, so die Richter.

Entgegen anderslautender Presseberichte hat das Kammergericht in diesem Verfahren nicht entschieden, dass das Kind "in die Psychiatrie eingewiesen werden darf". Ebensowenig hat der Familiensenat inhaltliche Festlegungen zur Eignung oder Erforderlichkeit bestimmter medizinischer Begleitmaßnahmen für das Kind getroffen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.03.2012
Quelle: Kammergericht/ra-online

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