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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2015
- 1 Sa 4/15 -
Pflegekräfte haben weiterhin Anspruch auf Geriatriezulage
Erschwerniszulage soll die besonderen Belastungen der Pflegekräfte bei der Pflege von kranken alten Menschen ausgleichen soll
In Altenheimen arbeitende Pflegekräfte, die überwiegend krankenpflegebedürftige Altenheimbewohner pflegen, haben nach wie vor Anspruch auf die so genannte Geriatriezulage. Dies hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg entschieden.
Der Arbeitgeber betreibt 65 Pflegeheime, vorwiegend in Baden-Württemberg. Dort sind ca. 3.500 Pflegekräfte beschäftigt. Aufgrund eines Anerkennungstarifvertrags findet auf die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung. Nach der Vorbemerkung Nr. 5 Abs. 1 c) zur Entgeltordnung des TV-L steht den Pflegekräften eine monatliche Zulage in Höhe von € 46,02 brutto zu, wenn sie die Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei Kranken in geriatrischen Abteilungen oder Stationen ausüben.
Bundesarbeitsgericht hat bereits über Vorgängerregelungen entschieden
Zu gleichlautenden Vorgängerregelungen im Bundes-Angestelltentarifvertrag und ähnlichen Tarifwerken hatte das Bundesarbeitsgericht bereits im Jahr 1973 und später noch einmal im Jahr 1999 entschieden, aus der Systematik des Tarifvertrags ergebe sich, dass diese Zulage nicht nur an Pflegekräfte in Krankenhäusern, sondern auch an Pflegekräfte in Altenheimen zu zahlen sei. Voraussetzung sei allerdings, dass überwiegend krankenpflegebedürftige Altenheimbewohner zu pflegen seien. Die Zulage sei eine Erschwerniszulage, die die besonderen Belastungen der Pflegekräfte bei der Pflege von kranken alten Menschen ausgleichen solle.
Arbeitgeber hält Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts für falsch
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, das Bundesarbeitsgericht habe bereits damals die tatsächlichen Verhältnisse verkannt. Gesunde alte Menschen seien nicht pflegebedürftig. Die Pflegebedürftigkeit resultiere allein aus Erkrankungen. Die in den Pflegeheimen untergebrachten alten Menschen seien fast ausnahmslos krank. Folge man dem Bundesarbeitsgericht, so stehe jedem Altenpfleger die Zulage zu, sofern für das Arbeitsverhältnis der TV-L gelte. Das sei von den Tarifvertragsparteien so nicht gewollt gewesen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Zulage solle die besonderen Belastungen ausgleichen, die sich bei der Pflege erkrankter alter Menschen ergäben. Diesen Zweck erfülle die Zulage nach wie vor.
Landesarbeitsgericht folgt der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht ist der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt. Die Berufungsverhandlung habe zwar ergeben, dass - anders als früher - die alten Menschen so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung verblieben und daher meist in einem erkrankten Zustand in den Pflegeheimen untergebracht würden. Der demographische Wandel habe deshalb zur Folge, dass die Zahlung der Pflegezulage praktisch der Normalfall geworden sei. Dies bedeute für die Träger der Pflegeeinrichtungen einen beträchtlichen finanziellen Mehraufwand.
Neue Vereinbarungen hinsichtlich der geänderten gesellschaftliche Verhältnisse müssen die Tarifparteien unter sich finden
Dennoch sei der Zweck der Zulage, die über die "normale" Altenpflege hinausgehenden besonderen Belastungen des Pflegepersonals bei der Pflege kranker alter Menschen auszugleichen, nach wie vor gegeben. Den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen könne nicht durch eine Rechtsprechungsänderung Rechnung getragen werden, etwa dahin, dass die Zulage nur noch bei der Pflege von schwerst pflegebedürftigen Menschen zu zahlen sei. Es sei die Aufgabe der Tarifvertragsparteien, eine Änderung des Zulagensystems zu vereinbaren, wenn dieses ihrer Auffassung nach nicht mehr zeitgemäß sei.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.07.2015
Quelle: ra-online, LAG Baden-Württemberg (pm)
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Dokument-Nr. 21349
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