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Landgericht Schweinfurt, Urteil vom 23.10.2012
22 O 934/10 -

Wikipedia: Einzelne Ungenauigkeiten begründen keinen Anspruch auf Nicht­veröffentlichung eines Artikels

Deutsche Gerichte sind für Unterlassungs­ansprüche gegen deutschsprachiges Wikipedia zuständig

Enthält ein Artikel auf Wikipedia einzelne Ungenauigkeiten, so begründet dies noch keinen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung des Artikels. Für die Unterlassungsklage ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Schweinfurt hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger begehrte vor dem Landgericht Schweinfurt die Unterlassung eines, auf der deutschsprachigen Wikipedia, erschienen Artikels seines verstorbenen Vaters. Nach Meinung des Klägers habe der Artikel eine Reihe von falschen Behauptungen enthalten, unter anderem zur NSDAP-Mitgliedschaft des Verstorbenen. Dies stelle einen Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht dar.

Zuständigkeit des Landgerichts Schweinfurt

Das Landgericht Schweinfurt hielt sich zunächst für international und örtlich zuständig. Die Zuständigkeit ergebe sich aus § 32 ZPO. Diese Vorschrift regele unter anderem die örtliche und internationale Zuständigkeit bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch massenmedial verbreitete Äußerungen. Zu berücksichtigen sei gewesen, dass es sich zum einen um eine deutschsprachige Internetseite gehandelt habe. Zum anderen habe der Artikel einen über die bloße Abrufbarkeit hinausgehenden Inlandsbezug aufgewiesen. Denn der Artikel sei vor allem im Inland zur Kenntnis genommen worden, so dass die Verletzung des Persönlichkeitsrechts im Inland eingetreten sei (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10).

Unterlassungsanspruch bestand nicht

Das Landgericht Schweinfurt verneinte aber einen Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zwar habe Wikipedia Kenntnis von dem Artikel und den darin enthaltenen Behauptungen erlangt. Dies sei auch Voraussetzung für eine Haftung von Wikipedia. Denn im Fall des Betriebs einer Webseite, auf der Dritte ihre Äußerungen einstellen können, hafte der Betreiber auf Unterlassung der fremden Äußerung erst ab dem Zeitpunkt, in dem er von der rechtswidrigen Äußerung Kenntnis erlangt (vgl. BGH, Urt. v. 25.10.2011 - VI ZR 93/10). Jedoch habe keine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts vorgelegen.

Postmortales Persönlichkeitsrecht wurde nicht verletzt

Grundsätzlich gelte das Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG nur für lebende Personen (BGH, Urt. v. 06.12.2005 - VI ZR 265/04). Jedoch könne im Einzelfall das Persönlichkeitsrecht auch nach dem Tod schützenswert sein. Dies werde vor allem dann angenommen, wenn unwahre Tatsachenbehauptungen über den Verstorbenen verbreitet werden, er herabgesetzt und erniedrigt oder sein Bild und seine Lebensleistung grob entstellt werde (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.02.1971 - BvR 435/68). Dies habe hier aber nach Ansicht des Landgerichts nicht vorgelegen. Zwar habe der Artikel einzelne Ungenauigkeiten enthalten. Er habe aber kein falsches Bild von dem Verstorbenen in der Weise gezeichnet, dass darin eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts zu sehen war.

Auf die Frage, ob sich Wikipedia auf das Grundrecht der Pressefreiheit berufen könne, sei es daher nicht mehr angekommen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.12.2012
Quelle: Landgericht Schweinfurt, ra-online (vt/rb)

Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift für Datenschutz (ZD)
Jahrgang: 2013, Seite: 144
ZD 2013, 144

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Dokument-Nr.: 14828 Dokument-Nr. 14828

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