Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Oberlandesgericht Hamm, Hinweisverfügung vom 22.12.2016
- 9 U 138/16 -
Kein Anspruch auf Schadensersatz für Verletzung während Zweikampf beim Frauenfußball
Höchstrichterliche Haftungsregeln bei sportlichen Wettkämpfen finden auch bei Frauenfußball Anwendung
Verletzt sich eine Spielerin beim Frauenfußball im Rahmen eines im Kampf um den Ball geführten, üblichen Zweikampfs, stehen ihr keine Schadenersatzansprüche gegen die andere am Zweikampf beteiligte Spielerin zu. Es gelten die höchstrichterlichen Haftungsregeln bei sportlichen Wettkämpfen mit erheblichem Gefahrenpotential, die auch im Männerfußball Anwendung finden. Ausgehend hiervon hat das Oberlandesgerichts Hamm mit Hinweisbeschluss der Berufung einer klagenden Spielerin gegen das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Essen keine Erfolgsaussichten beigemessen. Die klagende Spielerin hat die Berufung daraufhin zurückgenommen.
Die am zugrunde liegenden Rechtsstreit beteiligten Spielerinnen aus Gelsenkirchen trafen in einem im Juni 2015 in der Glückauf-Kampfbahn ausgetragenen Bezirksligafrauenfußballspiel zweier Gelsenkirchener Sportvereine aufeinander. An dem Spiel nahmen die Klägerin als Mittelfeldspielerin des einen und die Beklagte als Torhüterin des gegnerischen Vereins teil. Wenige Minuten nach Spielbeginn gab die Klägerin im gegnerischen 16-m Raum einen Torschuss ab und wurde unmittelbar darauf durch einen Tritt der Beklagten am rechten Unterschenkel verletzt. Die Klägerin schied verletzt aus dem Spiel aus, welches der Schiedsrichter - ohne auf Foulspiel der Beklagten zu erkennen - fortsetzen ließ. Durch den Vorfall zog sich die Klägerin eine Unterschenkelfraktur zu, die notfallmäßig operiert werden musste. Komplikationen im weiteren Heilungsverlauf machten weitere Operationen erforderlich. Nach Darstellung der Klägerin bildete sich bei ihr aufgrund der Verletzung ein Kompartmentsyndrom aus, das eine traumatische Nervenverletzung zur Folge hatte, so dass sie noch heute sichtbar gehbehindert ist.
Klägerin verlangt Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro
Mit der Begründung, die Beklagte habe sie, die Klägerin, absichtlich mit gestrecktem Bein gefoult, nachdem sie einen aus dem Mittelfeld heraus geflankten Ball ins Tor geschossen hatte, verlangte die Klägerin von der Beklagten
Vorsätzliche oder grob fahrlässige Regelwidrigkeit nicht ersichtlich
Das Landgericht Essen hat die Parteien angehört, den Schiedsrichter, Zuschauer sowie Spielerinnen beider Mannschaften als Zeugen vernommen. Mit dem angefochtenen Urteil wies es die Klage ab. Die Klägerin habe sich die Verletzung bei einem sportlichen Wettkampf mit beachtlichem Gefahrenpotenzial zugezogen. Bei diesem bestehe typischerweise auch bei Einhaltung der Regeln oder bei geringfügigen Regelverletzungen die Gefahr gegenseitiger Schädigung. Daher sei davon auszugehen, dass jeder Teilnehmer Verletzungen, auch mit schwersten Folgen, in Kauf nehme, die bei einer regelkonformen Ausübung der Sportart nicht zu vermeiden seien. Eine Haftung komme deswegen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Regelwidrigkeit und beim Überschreiten der Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß in Betracht. Einen derartigen Regelverstoß der Beklagten habe die Klägerin in Bezug auf die von ihr erlittene Verletzung nicht beweisen können.
Verletzung erfolgte während eines bei Fußballspielen üblichen Zweikampfs
Die gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte den der höchstrichterlichen Rechtsprechung entsprechenden - und auch im Männerfußball anzuwendenden - rechtlichen Bewertungsmaßstab des Landgerichts. Es gebe auch keinen Grund, die Beweiswürdigung des Landgerichts zu beanstanden, so das Oberlandesgericht. Den Zeugenaussagen sei zu entnehmen, dass die Klägerin anlässlich eines bei Fußballspielen üblichen Zweikampfs um den Ball verletzt worden sei. Keine Aussage lasse den Schluss zu, dass es der Beklagten in der Spielsituation allein darum gegangen sei, die Klägerin für ihren Torschuss regelwidrig zu bestrafen.
Nach dem vom Oberlandesgericht erlassenen Hinweisbeschluss hat die Klägerin ihre Berufung zurückgenommen.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.02.2017
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online
- Fußballspieler steht nur bei unfairem Verhalten des Gegners Anspruch auf Schadensersatz für Verletzungen zu
(Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 10.09.2015
[Aktenzeichen: 3 U 382/15]) - Fußballspieler haftet für Verletzungen nach rücksichtslosem Foul an Gegenspieler
(Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.10.2012
[Aktenzeichen: I-6 U 241/11])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 23830
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Entscheidung23830
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.