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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 22.11.2011
- I-19 U 51/11 und I-19 U 122/11 -
Ankündigung von Preiserhöhungen für Strom- und Gas-Grundversorgung per E-Mail unwirksam
OLG Hamm kippt vage Strom- und Gaspreisklauseln
Vertragsklauseln von Energieversorgern, die nicht einmal die vom Bundesgerichtshof festgelegten Mindestanforderungen an die ohnehin vagen Preisanpassungsregeln der Strom- und Gas-Grundversorgungsverordnung (Strom- bzw. Gas-GVV) erfüllen, sind unwirksam: Strom- und Gaspreiserhöhungen, die den Kunden nur per "individueller Bekanntgabe" angekündigt werden, genügen damit nicht den gesetzlichen Vorgaben. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm.
Der Bundesgerichtshof hatte in seinen in Urteilen vom 15. Juli 2009 und vom 14. Juli 2010 festgestellt, dass Energieversorger gegenüber ihren Strom- und Gassonderkunden Preise erhöhen dürfen, sofern sie die Preisanpassungsregelungen der Strom- bzw. Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) unverändert in die Sonderverträge übernehmen. Bei Stichproben des Kleingedruckten ausgewählter Versorger hatte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen entdeckt, dass einige darin nicht einmal diese Mindestvoraussetzungen erfüllten, sondern sogar die ohnehin nichts sagenden und völlig vagen Mindestregelungen der Verordnung noch übertrumpften. So wurden Änderungen der Preise erst nach individueller Bekanntgabe wirksam, obwohl eine öffentliche Bekanntgabe mit sechswöchiger Ankündigungsfrist vorgesehen ist. Oder es wurde die Information über Preisänderungen nur per
E-Mail mit Hinweis auf Preiserhöhung als gesetzlich vorgeschriebene briefliche Information nicht ausreichend
Auf Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen die Energiehoch3 GmbH hatte das Landgericht Dortmund in seinem Urteil vom 14. Januar 2011 (AZ: 25 O 247/11) eine an die GVV (Paragraph 5 Absatz 2) angelehnte Preisänderungsklausel in den Strom- und Gaslieferungsverträgen des Versorgers als unwirksam angesehen. Die Argumentation des Anbieters, dass er seine Kunden lediglich per
Vertragklausel wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam
Weil die Klausel zudem auf die öffentliche Bekanntgabe sowie auf die sechswöchige Ankündigungsfrist für Preiserhöhungen verzichte, weiche sie von der gesetzlichen Regelung ab. Darin sah das Gericht eine
Gericht hält briefliche Mitteilung an den Kunden für erforderlich
In der Berufungsverhandlung bestätigte das Oberlandesgericht Hamm nun die Entscheidungen der Vorinstanz: Die Richter erklärten, dass eine "individuelle Bekanntgabe" der Preisänderung zu unbestimmt sei, da offen bliebe, ob die Mitteilung per Brief, per
Energieunternehmen müssen unzulässige Preisänderungsklauseln ändern
Eine Revision wurde vom Oberlandesgericht nicht zugelassen; damit sind die Entscheidungen praktisch rechtskräftig. Ein Richterspruch mit Folgen: Alle Energieunternehmen, die im Internet Strom- und Gaslieferverträge feilbieten und darin von der Grundversorgungsverordnung abweichen, müssen sich – sofern sie nicht ebenfalls eine Abmahnung riskieren wollen – nun von ihren unzulässigen Preisänderungsklauseln verabschieden.
Kunden können Geld aus Preiserhöhung teilweise zurückverlangen
Außerdem können sich Energiehoch3- und Gelsenwasser-Kunden sowie Kunden anderer Versorger zumindest im Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm, die Widerspruch gegen Jahresrechnungen eingelegt haben, auf die Urteile berufen und Geld aus Preiserhöhungen zurückverlangen.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 28.11.2011
Quelle: Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen/ra-online
- Überhöhte Gasrechnungen – E.on muss 75.000 Euro zurückzahlen
(Landgericht Hamburg, Urteil vom 17.10.2011
[Aktenzeichen: 321 O 493/09]) - BGH zu Preiserhöhungen in Erdgas-Sonderverträgen
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.02.2011
[Aktenzeichen: VIII ZR 295/09]) - LG Itzehoe: Preisanpassung bei unwirksamer Preiserhöhungsklausel unzulässig
(Landgericht Itzehoe, Urteil vom 28.01.2011
[Aktenzeichen: 9 S 62/10 u.a.])
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Dokument-Nr. 12635
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