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Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 24.06.2013
1 U 136/12 -

Geringfügiger Blechschaden aufgrund eines leichten Auffahrunfalls rechtfertigt kein Betreten einer Autobahn

Verstoß gegen Betretungsverbot begründet Mitverschulden an Unfallfolgen

Die Besichtigung eines geringfügigen Blechschadens nach einem leichten Auffahrunfall rechtfertigt nicht das Betreten einer Autobahn. Kommt es zu einem Unfall, kann dem Fußgänger wegen Verstoßes gegen das Betretungsverbot gemäß § 18 Abs. 9 StVO ein Mitverschulden an den Unfallfolgen angelastet werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Oktober 2007 kam es auf einer Autobahn im Rahmen eines verkehrsbedingten Staus zu einem leichten Auffahrunfall. Die beiden betroffenen Fahrzeuge blieben auf dem mittleren Fahrstreifen stehen, obwohl sie noch fahrbereit waren. Der 39-jährige Beifahrer des vorausfahrenden Fahrzeugs versuchte die Polizei telefonisch zu erreichen und stieg dabei aus dem Fahrzeug aus, um den Schaden zu begutachten. Als er sich zwischen den beiden am Auffahrunfall beteiligten Wagen befand, fuhr ein anderes Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 145 - 160 km/h auf das hintere Fahrzeug auf. Der Beifahrer des ersten Fahrzeugs wurde daraufhin zwischen den Fahrzeugen eingequetscht und wurde anschließend über eine Entfernung von 17 Metern weggeschleudert. Er erlitt aufgrund des Unfalls ein Polytrauma mit zahlreichen schwerwiegenden und lebensgefährlichen Verletzungen. Während des Krankenhausaufenthalts kam es zu mehreren Komplikationen in Form eines Kreislaufstillstands, einem akuten Nierenversagen, einer Blutvergiftung und einer Infektion mit Multiorganversagen. Das Unfallopfer musste sich mehreren Operationen unterziehen und ist aufgrund des Unfalls zu 100 % erwerbsunfähig und schwerbehindert. Er klagte daher gegen den Unfallverursacher und dessen Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Landgericht gibt Schmerzensgeldklage teilweise statt

Das Landgericht Baden-Baden gab der Schmerzensgeldklage nur zum Teil statt, da es dem Kläger ein Mitverschulden an den Unfallfolgen in Höhe von 30 % vorwarf. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Oberlandesgericht bejaht Mitverschulden in Höhe von 20 %

Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers und hob dementsprechend die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger sei ein Mitverschulden nur in Höhe von 20 % vorzuwerfen. Denn er habe gegen das Verbot, als Fußgänger die Autobahn zu betreten (§ 18 Abs. 9 StVO), verstoßen.

Verstoß gegen Verbot der Betretung einer Autobahn

Die Fahrbahn einer Autobahn dürfe nach Auffassung des Oberlandesgerichts im Hinblick auf die damit verbundenen erheblichen Gefahren nur ganz ausnahmsweise, insbesondere in Notfällen zur Hilfeleistung (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 StVO, § 323 c StGB), betreten werden. Ein solcher Notfall sei angesichts des geringen Sachschadens durch den ersten Auffahrunfall nicht gegeben gewesen. Ein Aussteigen zur Besichtigung eines geringfügigen Blechschadens rechtfertige in der Regel keine Ausnahme vom Betretungsverbot. Dies gelte vor allem in Anbetracht der für Leib oder Leben hervorgerufenen Gefahr. Zwar könne eine Ausnahme bestehen, wenn sich ein Unfall innerhalb eines längeren Staus ereignet habe und das Auffahren eines anderen Fahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit nicht drohe. So habe der Fall hier hingegen nicht gelegen.

Schmerzensgeld von 250.000 Euro und monatliche Rente von 250 Euro

Angesichts der erlittenen Unfallfolgen und unter Berücksichtigung des Mitverschuldens hielt das Oberlandesgericht ein Schmerzensgeldkapital in Höhe von 250.000 Euro und eine Schmerzensgeldrente in Höhe von 250 Euro monatlich für angemessen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.07.2017
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Baden-Baden, Urteil vom 26.06.2012
    [Aktenzeichen: 3 O 148/10]
Fundstellen in der Fachliteratur: Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV)
Jahrgang: 2014, Seite: 404
NZV 2014, 404

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Dokument-Nr.: 24594 Dokument-Nr. 24594

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