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Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.02.2010
- VI ZR 243/08 und VI ZR 244/08 -
Spiegel Online durfte ein Dossier, in dem alte Wort- und Bildberichterstattungen über eine schwere Straftat zusammengefasst sind, zum kostenpflichtigen Abruf bereithalten
Informationsinteresse der Öffentlichkeit
Der Bundesgerichtshof hat es für zulässig erachtet, dass Spiegel Online im Internet ein Dossier mit Altmeldungen über den Mord an Walter Sedlmayr zum Abruf bereitgehalten hat, in denen der Name der Verurteilten genannt wurde und kontextbezogene Bilder der Verurteilten enthalten waren.
Die Kläger wurden im Jahr 1993 wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Jahr 2004 stellten sie Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor deren Zurückweisung sie sich an die Presse wandten. Im Sommer 2007 bzw. Januar 2008 wurden sie auf Bewährung entlassen. Die Beklagte betreibt das Internetportal www.spiegel.de. Dort hielt sie in der Rubrik "Dossiers" unter dem Titel "Walter Sedlmayr
Vorinstanzen gaben den Klägern Recht
Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Klagen abgewiesen.
Informationsinteresse der Öffentlichkeit wiegt schwerer als allgemeines Persönlichkeitsrecht der Kläger
Zwar liegt in dem Bereithalten der die Kläger identifizierenden Meldungen zum Abruf im Internet ein Eingriff in deren
Meldungen im Dossier sind sachbezogen und wahrheitsgemäß
Die in ihm zusammengefassten Meldungen enthalten sachbezogene, wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. Angesichts der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen Aufsehens, das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte, und des Umstands, dass sich die Verurteilten noch im Jahr 2004 um die Aufhebung ihrer Verurteilung bemüht hatten, waren die Meldungen zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zulässig. Hieran hat sich trotz der zwischenzeitlich erfolgten Entlassung der Kläger aus der Haft nichts geändert. Dem Dossier kam nur eine geringe Breitenwirkung zu. Es enthielt nur eindeutig als solche erkennbare Altmeldungen und war nur durch gezielte Suche auffindbar. Darüber hinaus setzte die Kenntnisnahme von den die Kläger identifizierenden Inhalten den kostenpflichtigen Abruf des Dossiers voraus, wodurch der Zugang zu den beanstandeten Inhalten zusätzlich erschwert wurde.
Öffentlichkeit hat Interesse an vergangenen zeitgeschichtlichen Ereignissen
Zu berücksichtigen war weiterhin, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren. Würde das weitere Bereithalten eindeutig als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung zulässiger Altmeldungen auf dafür vorgesehenen Seiten zum Abruf im Internet nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die Beklagte verpflichtet, von sich aus sämtliche archivierten Meldungen immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs- und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen Veröffentlichung die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name des Straftäters - die Meldung später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen
Kein Anspruch auf Unterlassung erneuter Verbreitung
Den Klägern steht auch kein Anspruch auf
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.02.2010
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof
- Landgericht Hamburg, Urteil vom 18.01.2008
[Aktenzeichen: 324 O 509/07 und 507/07] - Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 09.07.2008
[Aktenzeichen: 7 U 30/08 und 31/08]
- Deutschlandradio darf Namen von Sedlmayer-Mördern weiter nennen
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.12.2009
[Aktenzeichen: VI ZR 227/08 und VI ZR 228/08]) - Im Rahmen eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens darf namentlich über einen verurteilten Straftäter berichtet werden
(Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 05.10.2006
[Aktenzeichen: 2-03 O 358/06])
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Dokument-Nr. 9189
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