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Bundesgerichtshof, Urteil vom 26.10.2016
- VIII ZR 211/15 -
BGH bejaht Zurückbehaltungsrecht des Käufers bei Lieferung eines Neuwagens mit geringfügigem Lackschaden
Vor Beseitigung des Mangels muss weder Kaufpreis gezahlt noch Fahrzeug abgenommen werden
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Käufer, dem der gekaufte Neuwagen mit einem (geringfügigen) Lackkratzer angeliefert wurde, das Fahrzeug "zurückweisen" darf.
Der Beklagte des zugrunde liegenden Verfahrens bestellte im Jahr 2013 bei der Klägerin ein Neufahrzeug der Marke Fiat. Die Parteien vereinbarten kostenfreie Auslieferung des Fahrzeugs am Wohnsitz des Käufers. Bei der Auslieferung durch eine von der Klägerin beauftragte Spedition wies das Fahrzeug einen
Klägerin verlangt unter anderem Ersatz von Transportkosten
Da die Parteien sich nicht einigten, holte die Klägerin das Fahrzeug im August 2013 beim Beklagten ab, ließ den
Käufer muss Kaufpreis auch bei geringfügigen Mängeln nicht zahlen
Die Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Käufer auch bei geringfügigen (behebbaren) Mängeln - wie dem hier vorliegenden
Klägerin hätte Reparatur im Rahmen der Erfüllung der Verkäuferpflichten in eigener Verantwortung veranlassen müssen
Zwar können der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts bei besonderen Umständen des Einzelfalls (ausnahmsweise) mit Rücksicht auf Treu und Glauben Schranken gesetzt sein. Derartige besondere Umstände lagen hier indes nicht vor. Im Gegenteil hatte die Klägerin dem Beklagten zunächst nicht einmal angeboten, selbst für eine ordnungsgemäße Behebung des Lackschadens zu sorgen und so ihrer Erfüllungspflicht als Verkäuferin nachzukommen. Sie hatte sich nämlich lediglich zu einer Übernahme der Reparaturkosten bereit erklärt. Es oblag jedoch nicht dem beklagten Käufer, einen Reparaturauftrag zu erteilen, sondern die Klägerin hatte die Reparatur im Rahmen der Erfüllung ihrer Verkäuferpflichten in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko zu veranlassen. Zudem hat die Klägerin selbst an der (unzureichenden) Bereitschaft zur Übernahme der Kosten nicht uneingeschränkt festgehalten, sondern eine Obergrenze von 300 Euro gesetzt, so dass den Beklagten das Risiko der Werkstattkosten, einschließlich eines etwaigen unwirtschaftlichen oder unsachgemäßen Arbeitens des Werkstattbetriebes, getroffen hätte.
Transportkosten und "Standgeld" waren ohnehin von Klägerin zu tragen
Bei den von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen (Transportkosten, "Standgeld") handelte es sich im Übrigen um Kosten, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung des Kaufvertrages erforderlich waren und die deshalb ohnehin von ihr als Verkäuferin zu tragen waren.
Erläuterungen
* - § 433 BGB Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag
(1) Durch den
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
§ 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. [...]
[...]
§ 273 Zurückbehaltungsrecht
(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht).
[...]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 28.10.2016
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Amtsgericht Wangen, Urteil vom 22.05.2014
[Aktenzeichen: 4 C 91/14] - Landgericht Ravensburg, Urteil vom 25.08.2015
[Aktenzeichen: 1 S 86/14]
- Fahrzeughalter hat keinen Anspruch auf Reparatur eines kleinen oberflächlichen Lackschadens in teurer Vertragswerkstatt
(Landgericht Wuppertal, Urteil vom 18.12.2014
[Aktenzeichen: 9 S 134/14]) - Fahrzeugverkäufer darf Rückzahlung des Kaufpreises nach einem wirksamen Rücktritt des Käufers nicht von Abtrittsansprüchen gegen Kaskoversicherung abhängig machen
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.03.2015
[Aktenzeichen: VIII ZR 38/14])
Jahrgang: 2017, Seite: 206 zfs 2017, 206
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Dokument-Nr. 23357
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