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Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2011
- XI ZR 67/11 -
BGH verneint Anrechnung von Bestandsprovisionen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz für Phoenix-Anleger
Provisionsanspruch der Phoenix Kapitaldienst GmbH aufgrund ihres grob vertragswidrigen Verhaltens verwirkt
Kapitalanleger müssen sich im Falle der Insolvenz eines Wertpapierhandelsunternehmens von der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen dann keine Provisionsansprüche des Wertpapierhandelsunternehmens entgegenhalten lassen, wenn dieses die Ansprüche nach dem Rechtsgedanken des § 654 BGB verwirkt hat. Dies entschied der Bundesgerichtshof.
In dem zugrunde liegenden Fall nimmt die Klägerin die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen auf
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen untersagt weiteren Geschäftsbetrieb der Phoenix Kapitaldienst GmbH
Im März 2005 untersagte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen der Phoenix Kapitaldienst GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15. März 2005 den Entschädigungsfall fest. Am 1. Juli 2005 wurde über das Vermögen der Phoenix Kapitaldienst GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf den von der Entschädigungseinrichtung - nach Abzug von Agio, Handelsverlust und Bestandsprovisionen - errechneten "Endstand der Beteiligung" der Klägerin von 21.618,45 Euro leistete sie im Jahr 2009 eine Teilentschädigung von 12.732,75 Euro und behielt den Restbetrag wegen möglicher Aussonderungsrechte der Klägerin an den auf den (Treuhand-)Konten noch vorhandenen Geldern ein. Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten nach Abzug des gesetzlichen Selbstbehalts von 10 % eine restliche Entschädigungsleistung von 6.723,86 Euro verlangt.
Entscheidungen der Vorinstanzen
Das Landgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht der Klägerin den Zahlungsanspruch nur in Höhe von 3.384,17 Euro, d.h. in Höhe von 90 % der abgezogenen Bestandsprovisionen, zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Nachdem die Beklagte aufgrund eines Schreibens vom 18. Juli 2011 der Klägerin eine weitere Teilentschädigung von 6.723,86 Euro gezahlt hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Da sich die Beklagte der Erledigungserklärung nicht angeschlossen hat, kam es weiterhin darauf an, ob die Klage ursprünglich begründet war.
BGH: Klägerin muss sich vertraglich vereinbarte Bestandsprovisionen nicht anrechnen lassen
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen; auf die Anschlussrevision der Klägerin hat er unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des landgerichtlichen Urteils festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Er hat die Auffassung des Kammergerichts bestätigt, nach der sich die Klägerin die vertraglich vereinbarten Bestandsprovisionen nicht anrechnen lassen muss. Dabei handelt es sich nämlich um eigenständige Ansprüche des Wertpapierhandelsunternehmens, die nicht bereits bei der Feststellung der Höhe und des Umfangs der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften i. S. d. § 1 Abs. 4 Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes* (EAEG) zu berücksichtigen sind, sondern dem Anleger nur nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EAEG** im Wege der Aufrechnung entgegengehalten werden können. Dies ist vorliegend jedoch ausgeschlossen, weil die Phoenix Kapitaldienst GmbH aufgrund ihres grob vertragswidrigen Verhaltens ihren Provisionsanspruch nach dem Rechtsgedanken des § 654 BGB verwirkt hat. Demgegenüber hatte die Anschlussrevision der Klägerin mit dem geänderten Antrag in vollem Umfang Erfolg. In Anknüpfung an die Urteile vom 20. September 2011 hat der Bundesgerichtshof den von der Klägerin geltend gemachten Entschädigungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach als begründet, insbesondere auch als fällig angesehen.
Erläuterungen
* - § 1 Abs. 4 Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes lautet:
Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften im Sinne dieses Gesetzes sind die Verpflichtungen eines Instituts zur Rückzahlung von Geldern, die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden.
** - § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes lautet:
Der Entschädigungsanspruch des Gläubigers des Instituts richtet sich nach Höhe und Umfang der Einlagen des Gläubigers oder der ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften unter Berücksichtigung etwaiger Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte des Instituts.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.11.2011
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Kammergericht Berlin, Urteil vom 25.01.2011
[Aktenzeichen: 9 U 117/10] - Landgericht Berlin, Urteil vom 06.04.2010
[Aktenzeichen: 2 O 657/09]
- BGH bejaht Fälligkeit des Entschädigungsanspruchs nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz in Sachen "Phoenix"
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.09.2011
[Aktenzeichen: XI ZR 434/10, XI ZR 435/10 und XI ZR 436/10]) - BGH verneint Entschädigungsanspruch für Scheingewinne nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.11.2010
[Aktenzeichen: XI ZR 26/10]) - BGH zur Informationspflicht einer Bank über Umfang der Einlagensicherung von Kundengeldern
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.07.2009
[Aktenzeichen: XI ZR 152/08 und XI ZR 153/08 ])
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Dokument-Nr. 12573
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