alle Urteile, veröffentlicht am 10.11.2022
Finanzgericht Münster, Urteil vom 10.08.2022
- 13 K 559/19 G,F -
"Passive Entstrickung" führt nicht zur Besteuerung
Tatbestand der Beschränkung des Besteuerungsrechts im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG nicht erfüllt
Die Änderung eines DBA kann nicht zur Verwirklichung des Entstrickungstatbestands nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG führen (sog. passive Entstrickung). Dies hat das Finanzgericht Münster entschieden.
Die Klägerin ist eine im Inland ansässige KG, deren beide Kommanditisten zugleich an einer spanischen Kapitalgesellschaft (S.L.) beteiligt waren. Ein Kommanditist wohnt in Deutschland, der andere in der Schweiz. Die Kommanditanteile waren dem Sonderbetriebsvermögen II der beiden Kommanditisten bei der Klägerin zugeordnet. Die S.L. wies in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2012 unbewegliches Vermögen aus, das ca. 59 % der Bilanzsumme ausmachte. Im Jahr 2012 wurde in das DBA Deutschland - Spanien erstmals eine Regelung aufgenommen, die für Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen, deren Aktivvermögen zu mindestens 50 % aus unbeweglichem Vermögen besteht,... Lesen Sie mehr
Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.06.2022
- VI R 20/20 -
Vom Arbeitgeber gezahltes Entgelt für Kennzeichenwerbung ist Arbeitslohn
Arbeitgeber-Entgelt für „Kennzeichenwerbung“ ist steuerpflichtig
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass ein von einem Arbeitgeber an seine Arbeitnehmer gezahltes Entgelt für Werbung des Arbeitgebers auf dem Kennzeichenhalter des privaten PKW des Arbeitnehmers Arbeitslohn ist, wenn dem abgeschlossene „Werbemietvertrag“ kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt.
Im Streitfall hatte der Arbeitgeber mit einem Teil seiner Arbeitnehmer „Werbemietverträge“ geschlossen. Danach verpflichteten sich diese, mit Werbung des Arbeitgebers versehene Kennzeichenhalter an ihren privaten PKW anzubringen. Dafür erhielten sie jährlich 255 €. Der Arbeitgeber behandelte das „Werbeentgelt“ als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG)... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 03.11.2022
- L 8 BA 65/21 -
Pilot ohne eigenes Flugzeug ist abhängig beschäftigt
Pilot ist in Betrieb des Unternehmens eingegliedert und nicht weisungsfrei tätig
Ein Pilot, der über kein eigenes Flugzeug verfügt und dessen Tätigkeit nach Übernahme eines Flugauftrages sich von der eines angestellten Flugzeugführers nicht wesentlich unterscheidet, ist abhängig beschäftigt. Dies entschied das Hessischen Landessozialgericht.
Ein Pilot war für ein im Landkreis Waldeck-Frankenberg ansässiges Unternehmen, das Wurstwaren produziert und neben Kraftfahrzeugen auch über ein Flugzeug verfügt, an 6 bis 7 Tagen monatlich als Flugzeugführer tätig. Er wurde mit Tagespauschalen in Höhe von rund 120 € vergütet. Im Rahmen eines Verfahrens auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status stellte die Deutsche... Lesen Sie mehr
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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 27.09.2022
- 1 BvR 2661/21 -
Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen das ausnahmslose Verbot von Windenergieanlagen in Waldgebieten
Verbot von Windkraftanlagen in Thüringens Wäldern ist verfassungswidrig und damit nichtig
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass § 10 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Waldgesetzes (ThürWaldG) mit dem Grundgesetz unvereinbar und damit nichtig ist. Diese Vorschrift verbietet ausnahmslos die Änderung der Nutzungsart von Waldgebieten zur Errichtung von Windenergieanlagen und verhindert damit jeden Bau von Windenergieanlagen in Waldgebieten. Das greift in das von Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Waldeigentümerin und Waldeigentümer ein. Der Eingriff ist nicht gerechtfertigt, weil das Gesetz formell verfassungswidrig ist. Dem Freistaat Thüringen fehlt für die angegriffene Regelung die Gesetzgebungskompetenz. § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG ist der Gesetzgebungszuständigkeit für das Bodenrecht zuzuordnen, von der der Bund insoweit insbesondere durch die bauplanungsrechtliche Privilegierung von Windenergieanlagen im Außenbereich abschließend Gebrauch gemacht hat. Die Landesgesetzgeber können Waldgebiete aufgrund ihrer Gesetzgebungskompetenz für Naturschutz und Landschaftspflege unter Schutz stellen, sofern diese Gebiete aufgrund ihrer ökologischen Funktion, ihrer Lage oder auch wegen ihrer Schönheit schutzwürdig und -bedürftig sind. In Thüringen hat der Gesetzgeber von dieser Möglichkeit schon vor der Einführung von § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG durch verschiedene Regelungen Gebrauch gemacht. Prägend für diese Regelungen ist aber ein über den generellen Bedarf nach unbebauter Natur und Landschaft hinaus gehender spezifischerer Bedarf, konkrete Teile von Natur und Landschaft wegen ihrer besonderen Funktion, Lage oder Schönheit zu erhalten oder auch zu entwickeln.
Um im Freistaat Thüringen in einem Waldgebiet eine Anlage – auch eine Windenergieanlage – errichten zu können, müssen die dafür erforderliche Rodung und die Überführung des Waldbodens in die neue Nutzungsart behördlich genehmigt werden (Umwandlung). Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürWaldG ist eine Änderung der Nutzungsart zur Errichtung von Windenergieanlagen in Thüringen unzulässig. Die... Lesen Sie mehr