die zehn aktuellsten Urteile, die zum „Landessozialgericht Baden-Württemberg“ veröffentlicht wurden
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.09.2024
- L 7 SO 2479/23 -
Behörde erlangt auch mit einem unvollständigen Antrag Kenntnis auf möglichen Bedarf von Sozialhilfe
Leistungen sind ab Kenntnis zu gewähren
Erhält die Behörde einen unvollständigen Antrag auf Sozialhilfe und fordert daraufhin weitere Unterlagen an, so hat sie zu diesem Zeitpunkt von einen eventuellen Bedarf eines Leistungsberechtigten Kenntnis erlangt. Nach diesem "Kenntnisgrundsatz" besteht ein Anspruch auf Sozialhilfe ab diesem Zeitpunkt. Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg hervor.
Für Menschen, die ihren Lebensbedarf nicht mit eigenen Mitteln decken können und die auch keinen ausreichenden Anspruch auf andere, vorrangige staatliche Leistungen haben, soll die Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches (SGB XII) die Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums sicherstellen.Um einen einfachen Zugang zu gewährleisten, sind die meisten der Leistungen nach dem SGB XII nicht von einem Antrag abhängig. Es genügt vielmehr, dass die zuständige Behörde davon Kenntnis erlangt, dass ein möglicher Leistungsberechtigter seinen Bedarf nicht selbst decken kann. Dies ist der sogenannte Kenntnisgrundsatz.... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.06.2024
- L 4 KR 82/24 -
Corona-Hilfen für Selbständige sind beitragspflichtiges Einkommen
Zuschuss aus dem Programm „Corona Soforthilfe“ ist kein Darlehen
Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung beschlossenen Regelungen abzufedern, gab es verschiedene staatliche Maßnahmen. Mit dem Programm „Soforthilfe Corona“ wurden Unternehmen und Selbstständige unterstützt, die sich im Frühjahr 2020 unmittelbar infolge der Corona-Pandemie in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Lage befanden und massive Liquiditätsengpässe erlitten. Aber auch diese Mittel unterfallen dem sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrecht, wie das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg klargestellt hat.
Ein hauptberuflich Selbständiger aus dem Landkreis Emmendingen – der spätere Kläger – hatte aus dem Programm „Soforthilfe Corona“ von der Landeskreditbank Baden-Württemberg im April 2020 einen Zuschuss in Höhe von 4.500 Euro erhalten. Dieser Zuschuss wurde von dem zuständigen Finanzamt mit dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2020 als Teil der Einkünfte aus Gewerbebetrieb berücksichtigt.... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 18.03.2024
- L 4 KR 1217/22 -
Vorliegen einer stationären Aufnahme im Krankenhaus trotz Versterbens des Patienten wenige Minuten nach Aufnahme auf Intensivstation
Einbindung in Krankenausbetrieb durch intensiven Einsatz sächlicher und personeller Ressourcen
Wird ein Patient unter laufender Reanimation in eine Intensivstation eines Krankenhauses gebracht und werden dort verschiedene Behandlungen vorgenommen, so liegt auch dann eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus vor, wenn der Patient wenige Minuten später verstirbt. Durch den intensiven Einsatz sächlicher und personeller Ressourcen liegt eine Einbindung in den Krankenhausbetrieb vor. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im September 2018 wurde in Baden-Württemberg ein Mann unter laufender Reanimation vom Notarzt in ein Krankenhaus verbracht. Der Mann wurde um 22.18 Uhr an das Krankenhaus übergeben und auf die Intensivstation gebracht, wo er um 22.28 Uhr aufgenommen wurde. Währenddessen lief die Reanimation weiter. Zudem wurde auf der Intensivstation ein... Lesen Sie mehr
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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09.02.2024
- L 8 U 3350/22 -
Auch eine Fahrt ohne Kunden kann für einen Fahrtrainer betrieblich veranlasst sein
Auswahl der Trainingsstrecke trägt zur Sicherheit und zur Vermeidung von Gefahren für die Fahrschüler bei und ist somit integraler Bestandteil seiner beruflichen Aufgabe
Auch eine Vorbereitungsfahrt ohne Kunden kann für einen Motorrad-Fahrtrainer betrieblich veranlasst und daher gesetzlich unfallversichert sein, das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger erlitt eine Luxation der linken Schulter, als er im April 2019 bei einer allein unternommenen Fahrt mit ca. 50 km/h in einer Kurve stürzte. Der Unfallort lag etwa 50 km von seinem Wohn- und Unternehmenssitz im Landkreis Tübingen entfernt. Seiner gesetzlichen Unfallversicherung – der Beklagten – teilte er mit, er habe am nächsten... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29.04.2024
- L 1 U 2085/23 -
Corona-Infektion als Arbeitsunfall?
Fehlender Beweis der Infektionskette schließt Anerkennung der Corona-Infektion als Arbeitsunfall aus
Die gesetzliche Unfallversicherung bietet Versicherungsschutz bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen. Ein Arbeitsunfall kann dabei auch die Infektion mit einem Krankheitserreger im Rahmen der versicherten Tätigkeit sein. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat nunmehr erstmals über die Anerkennung einer Corona-Infektion als Arbeitsunfall entschieden und dabei auch grundsätzliche Kriterien aufgestellt, die für eine solche Anerkennung vorliegen müssen.
Der Kläger ist bei einem Großunternehmen der Fahrzeugindustrie in Baden-Württemberg beschäftigt. Bei ihm wurde am Montag, den 8. März 2021, mit einem PCR-Test eine Infektion mit einer Subgruppe des Virus SARS-CoV-2 festgestellt. Nach seiner Aussage war ein Schnelltest bereits am vorangegangenen Samstag positiv gewesen. Der Kläger war längere Zeit erkrankt und leidet nach eigenen Angaben... Lesen Sie mehr
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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2024
- L 10 U 3232/21 -
Vom versicherten Arbeitsweg zum unversicherten Abweg
Kein Wegeunfall in entgegengesetzter Richtung zur Arbeit
Der Weg von der Schulwegbegleitung eines Kindes zurück zum Arbeitsweg ist nicht gesetzlich unfallversichert, wenn es sich um einen nicht aufgrund der Arbeitstätigkeit erforderlichen Umweg handelt. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Eine Mutter begleitete vor Beginn ihrer Arbeit ihre Tochter aus Sicherheitsgründen zu einem Sammelpunkt. Von dem aus begab sich das Kind mit einer Gruppe von Mitschülerinnen und Mitschülern auf den restlichen Weg zur Grundschule. Dieser Sammelpunkt lag in entgegengesetzter Richtung zur Arbeitsstätte der Frau. Noch bevor sie den direkten Weg zwischen ihrer Wohnung und ihrem Arbeitsplatz... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2023
- L 1 U 1485/23 -
Überfahren werden durch wegrollenden Pkw während Verrichtung der Notdurft ist kein Arbeitsunfall
Anhalten wegen Notdurftverrichtung stellt Unterbrechung des versicherten Arbeitswegs dar
Hält ein Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg an einem Waldweg an, um seine Notdurft zu verrichten, unterbricht dies den versicherten Weg. Kommt das Fahrzeug ins Rollen und stirbt der Arbeitnehmer bei dem Versuch das wegrollenden Fahrzeug aufzuhalten, liegt kein Arbeitsunfall vor. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: An einem Abend im Oktober 2021 in Baden-Württemberg war ein Arbeitnehmer mit seinem Fahrzeug auf dem Weg zu einem Geschäftsessen. Er unterbrach die Fahrt, da er auf die Toilette musste. Er fuhr dazu in einem abschüssigen Waldweg ein. Er stieg aus, ohne dass er einen Gang einlegte oder die Handbremse betätigte, und verrichtete seine Notdurft.... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19.10.2023
- L 10 U 129/23 -
Angebliches Auftreten von Beschwerden halbes Jahr nach Drohanruf und Geltendmachung des Vorfalls Jahre später spricht nicht für Vorliegen eines Arbeitsunfalls
Betroffene arbeitete nach Drohanruf normal weiter
Ein Arbeitsunfall liegt nicht vor, wenn die Betroffene zwar einen Drohanruf auf Arbeit erhält, danach aber normal weiterarbeitet und erst Jahre später geltend macht, dass ein halbes Jahr nach dem Drohanruf gesundheitliche Beschwerden auftraten. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mitarbeiterin eines Jobcenters im Raum Stuttgart erhielt im Jahr 2011 einen Drohanruf von einen ihrer Kunden. In dem Telefonat drohte der psychisch kranke Kunde der Mitarbeiterin mit dem Tode. Die Mitarbeiterin meldete den Vorfall und arbeitete anschließend normal weiter. Die Mitarbeiterin machte im August 2019 den Vorfall als Arbeitsunfall... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2023
- L 1 U 954/23 -
Tödlicher Unfall eines Landwirts beim Hacken eigenen Holzes in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert
Verarbeitung eigenen Holzes war nicht nur ein „Nebenunternehmen“ der unversicherten gewerblichen Brennholzverarbeitung, sondern Teil des forstwirtschaftlichen „Hauptunternehmens“
Ein nebenberuflicher Land- und Forstwirt ist auch dann in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert, wenn er beim Hacken eigenen Holzes verunglückt, auch wenn er daneben eine – nicht versicherte – gewerbliche Brennholzaufbereitung betreibt, in der er zugekauftes fremdes Holz in gleicher Weise bearbeitet. Dies entschied das LSG Baden-Württemberg.
Der tödlich verunglückte Versicherte (geboren 1943) betrieb eine kleinere Land- und Forstwirtschaft mit eigenen Flächen in einer Stadt im Neckar-Odenwald-Kreis. Er verarbeitete regelmäßig Holz aus dem eigenen Wald zum Verkauf. Insoweit war er - automatisch kraft Gesetzes - bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als landwirtschaftlicher Unfallversicherung... Lesen Sie mehr
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.09.2023
- L 8 U 1620/22 -
Sturz bei Radtour ist kein Arbeitsunfall
Gemischte Motivationslage steht Anerkennung als Arbeitsunfall entgegen
Ein Sturz auf dem Heimweg nach einer Radtour mit einem möglichen zukünftigen Mitarbeiter unterfällt nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn bei der Radtour private und nicht geschäftliche Interessen im Vordergrund standen. Dies hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden.
Der Kläger, ein selbstständiger Versicherungsmakler, hatte auf dem Rückweg von einer Radtour durch einen Sturz einen Unterschenkelbruch erlitten. Er hatte sich mit einem langjährigen Bekannten R., an einem Sonntag im Juli 2020 zu einer mehrstündigen Fahrt verabredet. Während dieser Radtour grillten die beiden an einem Grillplatz und besuchten danach die Eltern des Klägers. Im Anschluss... Lesen Sie mehr