Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.10.2012
- 8 AZR 572/11 -
BAG zur Wirksamkeit eines Wechsels zu einer "Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft" als Umgehung der Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs
Vereinbarung zum Wechsel bei absehbarer Neueinstellung durch Betriebserwerber unwirksam
Wechseln Arbeitnehmer durch einen dreiseitigen Vertrag vom Betriebsveräußerer zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B & Q), so ist diese Vereinbarung unwirksam, wenn es für den Arbeitnehmer klar erschien, dass alsbald seine Neueinstellung durch einen Betriebserwerber erfolgen werde. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht
Die Parteien des zugrunde liegenden Falls streiten um die Wirksamkeit einer Befristung. Über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers war 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter führte das Unternehmen zunächst fort und versuchte es zu veräußern. Im März 2008 hatte die spätere Betriebserwerberin einen Tarifvertrag mit der IG Metall geschlossen, in dem sie sich verpflichtete, von den ca. 1.600 Arbeitnehmern der Insolvenzschuldnerin nach dem Erwerb der Betriebsstätten über 1.100 unbefristet und 400 befristet zu beschäftigen. Danach schloss sie mit dem Insolvenzverwalter einen Kaufvertrag über die sächlichen Betriebsmittel. Im April 2008 vereinbarte der Insolvenzverwalter mit Betriebsrat und Gewerkschaft einen Interessenausgleich und Sozialplan zu einer „übertragenden Sanierung“. Dann wurde auf einer Betriebsversammlung am 3. Mai 2008 den Arbeitnehmern das Formular eines dreiseitigen Vertrags ausgehändigt, der das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2008 und die Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Juni 2008 00.00 Uhr mit der B & Q vorsah. Außerdem wurden auf derselben Betriebsversammlung den Arbeitnehmern vier weitere von ihnen zu unterzeichnende Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin, beginnend am 1. Juni um 00.30 Uhr vorgelegt. Ein Angebot beinhaltete einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Betriebserwerberin, die anderen drei sahen unterschiedlich lang befristete Arbeitsverhältnisse vor. Der Kläger unterzeichnete alle fünf Vertragsangebote. Die Betriebserwerberin nahm am 30. Mai 2008 das Angebot des Klägers für ein auf 20 Monate
Vertrag sollte Kontinuität des Arbeitsverhältnisses unterbrechen und Rechtsfolgen umgehen
Die Klage hatte vor dem Landesarbeitsgericht und dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Die Beklagte kann sich auf die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses durch den vom Kläger mit der B & Q geschlossenen Arbeitsvertrag, der nur eine halbe Stunde bestand, nicht berufen. Nach den Umständen, unter denen dieser Vertrag zustande kam, erschien es klar, dass er dem Zweck diente, die Kontinuität des Arbeitsverhältnisses zu unterbrechen und die Rechtsfolgen des § 613 a BGB zu umgehen. Dass der Kläger nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden sollte, ergab sich für ihn sowohl aus den Rahmenvereinbarungen des Insolvenzverwalters als auch daraus, dass er gleichzeitig mit der Unterzeichnung des B & Q-Angebotes vier Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin abzugeben hatte.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.10.2012
Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online
- Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 25.02.2012
[Aktenzeichen: 3 Sa 673/10]
- BAG: Betriebsübergang kann auch bei Fortführung eines insolventen Betriebs durch einen Dritten vorliegen
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.10.2007
[Aktenzeichen: 8 AZR 917/06]) - Neuvergabe von Servicedienstleistungen - Kein Betriebsübergang wenn die Identität des Betriebs nicht gewahrt bleibt
(Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.08.2007
[Aktenzeichen: 8 AZR 1043/06])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 14462
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil14462
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.