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Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2012
- 1 (8) Ss 64/12- AK 40/12 -
Verwendung eines Transparents bei einem Fußballspiel mit der Aufschrift "A.C.A.B." kann grundsätzlich als Beleidigung bestraft werden
Kollektivbeleidigung der im Stadion anwesenden Polizisten
Die Verwendung eines Transparents mit der Aufschrift "A.C.A.B." ("all cops are bastards") bei einem Fußballspiel kann grundsätzlich als Beleidigung bestraft werden. Bei der Prüfung und Bewertung der objektiven Tatbestandsmäßigkeit einer Äußerung als Beleidigung ist aber dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) Rechnung zu tragen. Sofern eine Äußerung dabei nach Wortsinn und bestimmenden Begleitumständen mehrere Deutungsmöglichkeiten zu, ist deshalb regelmäßig derjenigen der Vorzug zu geben, welche die Äußerung als von diesem Grundrecht gedeckt erscheinen lässt. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
Dem Angeklagten des zugrunde liegenden Falls wird vorgeworfen, er habe im Oktober 2010 anlässlich einer Zweitliga-Begegnung des Karlsruher SC gegen den Vfl Bochum im Fanblock des Karlsruher Wildparkstadions gemeinsam mit weiteren Personen ein im gesamten Stadion sichtbares großflächiges Banner mit der Aufschrift "A.C.A.B." – eine Abkürzung für die Worte "all cops are bastards" – hochgehalten, um den im Stadionbereich anwesenden Polizeibeamten gegenüber seine Missachtung auszudrücken.
Urteil des LG bietet keine ausreichende Grundlage für revisionsgerichtliche Überprüfung
Das Oberlandesgericht Karlsruhe beanstandete, dass das Urteil des Landgerichts den Anforderungen an ein freisprechendes Erkenntnis nicht genüge, weil es eine in sich geschlossene Darstellung der für erwiesen erachteten Tatsachen zur objektiven und subjektiven Tatseite vermissen lasse und daher keine ausreichende Grundlage für die revisionsgerichtliche Überprüfung biete. Das Urteil des Landgerichts wurde daher aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe zurückverwiesen.
Äußerung kann von Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sein
Für die neue Hauptverhandlung wies das Gericht insbesondere darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der in den alleinigen Verantwortungsbereich des Tatrichters fallenden Prüfung und Bewertung der objektiven Tatbestandsmäßigkeit einer Äußerung als
Bei Abkürzung "A.C.A.B." liegt beleidigender Charakter im Sinne des § 185 StGB nahe
Bei der Bewertung der Buchstabenkombination "A.C.A.B.", die nach allgemeinem Erfahrungswissen die Abkürzung für die englischsprachige Parole "all cops are bastards" sei, liege es wegen der darin liegenden abwertenden Kennzeichnung einer Person als Bastard allerdings nahe, der Bezeichnung grundsätzlich beleidigenden Charakter im Sinne des § 185 StGB beizumessen; ebenso liege es nahe, dieses Werturteil auf die bei dem verfahrensgegenständlichen Spiel eingesetzten Polizeibeamten und damit einen umgrenzten, grundsätzlich beleidigungsfähigen Personenkreis zu beziehen. Zudem könne bei der Beurteilung, ob es sich bei der Äußerung "A.C.A.B." nach Wortsinn und bestimmenden Begleitumständen um eine vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckte und damit nicht strafbare Kritik handle, berücksichtigt werden, dass die pauschal verunglimpfende Bezeichnung von Polizeibeamten als "Bastarde" ihrer sprachlichen Fassung nach – anders als etwa die Bezeichnung von bei einer Demonstration eingesetzten Polizeikräften als "Schlägertruppe" oder von bei einer Verkehrskontrolle eingesetzten Polizeibeamten als "Wegelagerer" – in keinem auch nur ansatzweise erkennbaren sachlichen Bezug zum Beruf des Polizisten als solchem, zur polizeilichen Tätigkeit im allgemeinen oder zum Verhalten von Polizeikräften speziell bei Einsätzen im Zusammenhang mit Großveranstaltungen wie Demonstrationen oder Fußballspielen stehe.
Hinweise auf den Gesetzestext:
§ 185 StGB Beleidigung
Die
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.11.2012
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online
Rechtsfragen zum diesem Thema auf refrago:
Fundierte Fachartikel zum diesem Thema beim Deutschen Anwaltsregister:
Jahrgang: 2012, Seite: 729, Entscheidungsbesprechung von Klaus Leipold und Stephan Beukelmann NJW-Spezial 2012, 729 (Klaus Leipold und Stephan Beukelmann)
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Dokument-Nr. 14522
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