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Amtsgericht München, Urteil vom 01.12.2011
- 223 C 17592/11 -
Behinderte Mitreisende sind kein Reisemangel
Intensivere Betreuung von Mitreisenden durch Reiseleitung kann nicht als Reisemangel gewertet werden
Ein Reiseunternehmen schuldet keine nicht behinderten Mitreisenden. Der Umstand, dass manche Menschen eine intensivere Betreuung durch die Reiseleitung erfordern, ist kein Reisemangel. Dies entschied das Amtsgericht München.
Im zugrunde liegenden Streitfall reiste ein Ehepaar im November 2010 für drei Wochen nach Südafrika. Gebucht war eine Studienreise zum Preis von 9.990 Euro.
Reise durch zahlreiche Hindernisse beeinträchtigt
Die Reise stand unter keinem ganz günstigen Stern. So verzögerte sich der Hinflug um 4 Stunden und 45 Minuten, wodurch der für diesen Tag geplante Ausflug erst am nächsten Tag stattfand. Auch das Bad des Hotels in Kapstadt, in dem das Paar drei Nächte verbrachte, wies Schimmelbefall auf. Auf der Fahrt nach Pretoria kam es zu einer Buspanne, wodurch sich die Stadtbesichtigung dort auf 30 Minuten verkürzte.
Reisunternehmen leistet teilweise Erstattung
Auf die Beschwerden der Reisenden hin bezahlte das Reiseunternehmen 285 Euro und übersandte einen Reisegutschein in Höhe von 200 Euro.
Reisende rügen zu hohe Zeitinvestition der Reiseleitung für schwerstbehinderten Mitreisenden
Das genügte dem Ehepaar nicht. Sie verlangten weitere 714 Euro. Sie bemängelten, dass die ansonsten gute Reiseleitung mit einer schwerstbehinderten, beinahe blinden Mitreisenden beschäftigt und dadurch weniger präsent gewesen sei. Sie waren der Ansicht, dass das Reiseunternehmen die Verantwortung habe, nur solche Gäste auf einer Reise mitzunehmen, die die Strapazen entweder selbstständig oder mit Hilfe einer dauernden persönlichen Betreuungsperson meistern können, ohne den zeitlichen Ablauf einer solchen Studienreise an jedem Programmpunkt durch zeitaufwendige Betreuungsleistungen durch die Reiseleitung zu behindern und zu verzögern.
Reisunternehmen hat ausreichenden Ausgleich für Mängel gezahlt
Als das Reiseunternehmen nicht bezahlte, erhob die Ehefrau Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin wies die Klage jedoch ab. Soweit Mängelansprüche bestanden hätten (Schimmel, Flugverspätung), habe die Beklagte durch ihre Zahlung bereits ausreichend Ausgleich gewährt.
Reiseunternehmen schuldet keine nicht behinderten Mitreisenden
Soweit die Klägerin meine, ihr stünden Ansprüche zu, weil sich die Reiseleiterin um eine behinderte Mitreisende mehr kümmern musste, sei diese Meinung bereits im Ansatz verfehlt. Ein Mangel erfordere die Abweichung der erbrachten Leistung von der geschuldeten Leistung. Das Reiseunternehmen schulde aber keine nicht behinderten Mitreisenden. Die Klägerin möge sich daran erfreuen, dass sie nicht behindert sei und sich nicht darüber beschweren, dass es auch behinderte Menschen gäbe, welche ebenfalls an Reisen teilnehmen wollen und hierbei eine intensivere Betreuung benötigen. Dies sei im Übrigen das allgemeine Risiko bei einer Gruppenreise und stelle keinen Mangel dar.
Auch die Buspanne sei kein Mangel, sondern eine im Rahmen einer Rundreise hinzunehmende Unannehmlichkeit.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2012
Quelle: Amtsgericht München/ra-online
- Missverständliche Formulierungen in Reiseunterlagen können einen Reisemangel darstellen
(Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 25.06.2010
[Aktenzeichen: 15 S 9612/09]) - Auch ein 14-jähriger Sprachschüler ist zur Mängelanzeige verpflichtet
(Amtsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 17.01.2006
[Aktenzeichen: 30 C 3399/05])
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Dokument-Nr. 14703
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