Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.02.2006
- 1 AZR 460/04 und 1 AZR 461/04 -
Gewerkschaftliche Mitgliederwerbung in Betrieben
Gewerkschaften dürfen auch durch betriebsfremde Beauftragte in Betrieben um Mitglieder werben. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.
Gewerkschaften können in Betrieben auch durch betriebsfremde Beauftragte um Mitglieder werben. Dies gilt unabhängig davon, ob sie in dem Betrieb bereits Mitglieder haben. Die Werbung von Mitgliedern ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG grundrechtlich geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften. Dazu gehört deren Befugnis selbst zu bestimmen, welche Personen sie mit der Werbung betrauen, und die Möglichkeit, dort um Mitglieder zu werben, wo Arbeitnehmer zusammenkommen und als solche angesprochen werden können. Da insoweit eine gesetzliche Regelung fehlt, müssen die Gerichte aufgrund ihrer grundrechtlichen Schutzpflicht eine entsprechende Ausgestaltung vornehmen. Danach ist den Gewerkschaften ein betriebliches Zutrittsrecht zu Werbezwecken einzuräumen. Dieses besteht allerdings nicht uneingeschränkt. Gegenüber dem Interesse an einer effektiven Mitgliederwerbung sind die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers und Betriebsinhabers abzuwägen. Dazu gehören dessen Haus- und Eigentumsrecht sowie insbesondere sein Recht auf einen störungsfreien Betriebsablauf. Sie können dem gewerkschaftlichen Zutrittsrecht entgegenstehen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts wies - anders als die Vorinstanzen - die Klage der Industriegewerkschaft Metall ab, die von einem Arbeitgeber verlangte, betriebsfremden Gewerkschaftsbeauftragten während der Mittagsöffnungszeiten der Betriebskantine zur Mitgliederwerbung künftig den Zutritt zum Betrieb zu gestatten. Der Antrag erfasst Fallgestaltungen, in denen dem gewerkschaftlichen Zutrittsrecht berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen können.
Umgekehrt hatte auch die Klage des Arbeitgebers keinen Erfolg, mit der dieser die Feststellung begehrte, die IG-Metall habe kein Recht, in seinen Betrieben durch betriebsfremde Beauftragte Mitgliederwerbung zu betreiben.
Vorinstanz:
Hessisches LAG, Urteile vom 1. April 2004 – 11 Sa 1092/03 – und – 11 Sa 1093/03 -
Werbung
1. Die Mitgliederwerbung ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften.
2. Gewerkschaften haben grundsätzlich ein Zutrittsrecht zu Betrieben, um dort auch durch betriebsfremde Beauftragte um Mitglieder zu werben.
3. Das Zutrittsrecht ist nicht unbeschränkt. Ihm können die verfassungsrechtlich geschützten Belange des Arbeitgebers, insbesondere dessen Interesse an einem störungsfreien Arbeitsablauf und der Wahrung des Betriebsfriedens entgegenstehen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 01.03.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 13/06 des BAG vom 28.02.2006
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 1977
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil1977
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.