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Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2013
2 AZR 579/12 -

Kündigung wegen Kirchenaustritts gerechtfertigt

Kirchenaustritt stellt Verstoß gegen arbeitsvertragliche Loyalitäts­obliegenheiten dar

Der Austritt eines Mitarbeiters einer von einem katholischen Caritasverband getragenen Kinder­betreuungs­stätte aus der katholischen Kirche kann die Kündigung des Arbeits­verhält­nisses rechtfertigen. Dies entschied das Bundes­arbeitsgericht.

Nach Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Dieses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der katholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer - etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit - und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Kläger tritt aufgrund der zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen aus der Kirche aus

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein seit 1992 beim beklagten Caritasverband beschäftigter Sozialpädagoge, arbeitete in einem sozialen Zentrum, in dem Schulkinder bis zum 12. Lebensjahr nachmittags betreut werden. Die Religionszugehörigkeit der Kinder ist ohne Bedeutung. Religiöse Inhalte werden nicht vermittelt. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Gegenüber dem Beklagten nannte er als Beweggründe die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, die Vorgänge um die "Piusbruderschaft" und die Karfreitagsliturgie, in der eine antijudaische Tradition der katholischen Kirche zu Tage trete.

Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers muss hinter das Selbstbestimmungsrecht des beklagten Caritasverbrands zurücktreten

Das Bundesarbeitsgericht hat - wie die Vorinstanzen - die Klage des Sozialpädagogen gegen seine auf seinen Austritt aus der katholischen Kirche gestützte Kündigung ab. Der Kläger hat durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen. Aufgrund dessen war es dem Beklagten nicht zumutbar, ihn als Sozialpädagogen weiter zu beschäftigen. Nach dem kirchlichen Selbstverständnis leistete der Kläger unmittelbar "Dienst am Menschen" und nahm damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teil. Ihm fehlt infolge seines Kirchenaustritts nach dem Glaubensverständnis des Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Zwar hat auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit des Klägers ein hohes Gewicht. Sie musste aber hier hinter das Selbstbestimmungsrecht des Beklagten zurücktreten. Dieser kann im vorliegenden Fall von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden, im verkündigungsnahen Bereich einen Mitarbeiter weiter zu beschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat. Beschäftigungsdauer und Lebensalter des Klägers fielen demgegenüber im Ergebnis nicht ins Gewicht. Für Sozialpädagogen gibt es zudem auch außerhalb der katholischen Kirche und ihrer Einrichtungen Beschäftigungsmöglichkeiten.

BAG verneint Diskriminierung

Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt. Eine entscheidungserhebliche Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 stellte sich angesichts der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit nicht.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 25.04.2013
Quelle: Bundesarbeitsgericht/ra-online

Vorinstanz:
  • Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 09.03.2012
    [Aktenzeichen: 12 Sa 55/11]
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Fundstellen in der Fachliteratur: Zeitschrift: Betriebs-Berater (BB)
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DStR 2013, 1840
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 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2013, Seite: 1286
MDR 2013, 1286
 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2014, Seite: 104
NJW 2014, 104
 | Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA)
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NZA 2013, 1131

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