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Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.10.1976
3 StR 291/76 -

BGH: Ausweiskontrolle beim Betreten des Gerichtsgebäudes zulässig

Sicherheitsbedürfnis überwiegt Grundsatz der Öffentlichkeit

Wird aus Sicherheitsgründen eine Ausweiskontrolle zum Betreten des Gerichtsgebäudes eingerichtet, so verstößt dies nicht gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit. Denn dem Sicherheitsbedürfnis kommt ein höherer Rang zu als dem Öffentlichkeitsgrundsatz. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Einem Angeklagten wurden mehrere Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen. Am ersten Tag der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten vor dem Landgericht Düsseldorf kam es infolge eines anderen Prozesses, in dem es um eine Geiselnahme ging, zu verschärften Sicherheitsmaßnahmen. Besuchern wurde nur dann der Zutritt zum Gerichtsgebäude gewährt, wenn sie ihren Personalausweis oder Reisepass vorlegten. Dies hatte zur Folge, dass denjenigen, die ihren Ausweis nicht dabei hatten, der Zutritt verweigert wurde. Nachdem der Angeklagte zu vier Jahren Jugendstrafe verurteilt wurde, legte er Revision ein. Seiner Meinung nach, sei der Öffentlichkeitsgrundsatz verletzt worden.

Grundsatz der Öffentlichkeit war nicht verletzt

Der Bundesgerichtshof entschied gegen den Angeklagten. Der Grundsatz der Öffentlichkeit sei nicht verletzt worden. Zwar verlange dieser Grundsatz, dass jeder die Möglichkeit habe, an Gerichtsverhandlungen als Zuhörer teilzunehmen. Er gelte aber nicht uneingeschränkt.

Öffentlichkeitsgrundsatz gilt nicht uneingeschränkt

Der Bundesgerichtshof führte dazu aus, dass die Grenzen des Öffentlichkeitsgrundsatzes sich zum einen aus den tatsächlichen Gegebenheiten ergeben, wie der beschränkten Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze in einem Gerichtssaal. Zum anderen seien sie herzuleiten aus der Notwendigkeit, durch geeignete vorbeugende Maßnahmen für eine sichere und ungestörte Durchführung der Verhandlung zu sorgen. Dem Sicherheitsbedürfnis komme in diesem Fall ein höherer Rang zu als dem Öffentlichkeitsgrundsatz. Denn eine ungestörte Verhandlung sei ebenso wichtig, wie die Kontrolle des Verfahrens durch die Öffentlichkeit. Daher seien Sicherheitsmaßnahmen, die den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung erschweren und dabei eine Auswahl der Zuhörer nach bestimmten persönlichen Merkmalen vermeiden, zulässig.

Ausweiskontrolle war als Sicherheitsmaßnahme zulässig

Nach diesen Grundsätzen habe sich die Ausweiskontrolle nach Ansicht des Gerichtshofs als zulässige Sicherheitsmaßnahme dargestellt. Jeder Person, die sich ausweisen konnte, sei der Zutritt unterschiedslos gewährt worden. Eine unzulässige Beschränkung auf eine bestimmte Gruppe habe nicht vorgelegen.

Fehlende Pflicht zur Mitnahme des Ausweises unbeachtlich

Es sei nach Auffassung der Richter weiterhin unbeachtlich gewesen, dass keine Verpflichtung dazu bestehe seinen Ausweis mitzunehmen. Denn dies bedeute nicht, dass demjenigen, der sich nicht ausweisen kann, keine Nachteile entstehen dürfen. Dies zeige beispielsweise die Regelung des § 127 Abs. 1 StPO. Danach dürfe jedermann einen auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten vorläufig festnehmen, wenn dessen Persönlichkeit nicht sofort festgestellt werden könne. Daher müsse es umso mehr möglich sein, eine Person, die sich nicht ausweisen kann, an dem Betreten des Gerichtsgebäudes und damit an der Teilnahme an einer Verhandlung als Zuhörer zu hindern.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.04.2013
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

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Fundstellen in der Fachliteratur: Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshof in Strafsachen (BGHSt), Band: 27, Seite: 13 BGHSt 27, 13 | Zeitschrift: Deutsche Richterzeitung (DRiZ)
Jahrgang: 1977, Seite: 25
DRiZ 1977, 25
 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 1977, Seite: 155
MDR 1977, 155
 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 1977, Seite: 157
NJW 1977, 157

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Dokument-Nr.: 15597 Dokument-Nr. 15597

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