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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 02.06.2005
I ZR 246/02 -

Markenverletzung durch Transit von Waren? Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

Der u.a. für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob eine im Inland eingetragene Marke ihrem Inhaber auch das Recht gibt, den Transit von mit der Marke versehenen Waren zu verbieten.

Die Klägerin ist Inhaberin der Marke „Diesel“ für Bekleidung in verschiedenen Ländern, u.a. Deutschland und Polen, nicht aber in Irland. Die Beklagte hat ihren Sitz in Irland. Dort vertreibt sie Jeanshosen unter der Marke „Diesel“. Zur Herstellung der Kleidung läßt sie den Stoff nach Polen bringen und dort zu den Hosen zusammennähen. Auf dem Land – und Seeweg bringt sie diese über Deutschland nach Irland.

Die Klägerin betrachtet die Durchfuhr als eine Verletzung ihrer Markenrechte und begehrt Unterlassung, Auskunft, Schadensersatzfeststellung und Vernichtung der beschlagnahmten Hosen. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer durch das Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren durch Beschluß ausgesetzt, um dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung gemäß § 234 EG-Vertrag vorzulegen, ob die eingetragene Marke ihrem Inhaber das Recht gewährt, die bloße Durchfuhr von Waren mit dem Zeichen zu verbieten. Das auf der Richtlinie 89/104/EWG beruhende Markengesetz sieht ausdrücklich ein Verbot von Einfuhr und Ausfuhr markenverletzender Waren vor, nicht aber ein Verbot der Durchfuhr. Die vor Inkraftreten des Markengesetzes ergangene Rechtssprechung (BGHZ 23, 100, 104 ff. – Taeschner/Pertussin I) sah im Transit keine relevante inländische Benutzungshandlung. Der I. Zivilsenat möchte hieran festhalten und die Durchfuhr nicht als eine markenrechtlich relevante Benutzung ansehen.

Gewichtige Stimmen der Literatur sehen dies anders. Es bestehe die Gefahr, so meinen sie, daß während des Transits die mit der Marke versehenen Waren auf welche Weise auch immer im Inland in den Verkehr gelangten und das dort bestehende Markenrecht verletzten. Dieser Gefahr sei unter Heranziehung des markenrechtlichen Schutzes vorzubeugen. Auch die Produktpiraterieverordnung der Europäischen Gemeinschaft sieht ein Verbot der Durchfuhr von Pirateriewaren von einem Drittstaat durch das Gemeinschaftsgebiet in ein Drittland vor.

Die hinsichtlich der Reichweite des markenrechtlichen Schutzes bestehenden Zweifel können nur von dem zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zuständigen Gerichtshof in Luxemburg ausgeräumt werden. Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gibt weiter zu bedenken, daß die Antwort auf die gestellte Frage im Hinblick auf die Warenverkehrsfreiheit nach dem EG-Vertrag auch davon abhängen könne, ob die betreffenden Waren im Herkunftsland rechtmäßig oder rechtswidrig hergestellt würden und ob es sich bei dem Herkunftsland um einen Mitgliedsstaat handele oder nicht.

Vorinstanzen: LG Leipzig - 2 HKO 4942/01 ./. OLG Dresden - 14 U 411/02

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der Leitsatz

Erste Richtlinie des Rates 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 40 v. 11.2.1989, S. 1) Art. 5 Abs. 1 und 3; EG Art. 28 bis 30;

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden zur Auslegung von Art. 5 Abs. 1 und 3 der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. EG Nr. L 40 v. 11.2.1989, S. 1) und zu Art. 28 bis 30 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

a) Gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber das Recht, die Durchfuhr von Waren mit dem Zeichen zu verbieten?

b) Bejahendenfalls: Kann sich eine besondere Beurteilung daraus ergeben, daß das Zeichen im Bestimmungsland keinen Schutz genießt?

c) Ist - im Falle der Bejahung von Frage a) und unabhängig von der Beantwortung der Frage zu b) - danach zu unterscheiden, ob die für einen Mitgliedstaat bestimmte Ware aus einem Mitgliedstaat, aus einem assoziierten Staat oder aus einem Drittstaat stammt? Kommt es dabei darauf an, ob die Ware im Ursprungsland rechtmäßig oder unter Verletzung eines dort bestehenden Kennzeichenrechts des Markeninhabers hergestellt worden ist?

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.06.2005
Quelle: Pressemitteilung Nr. 82/05 des BGH vom 02.06.2005

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