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Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.12.2015
- I ZR 69/14 -
Übernahme von Exklusivinterviews in Fernsehsendungen kann unter Berufung auf das Zitatrecht zulässig sein
Bundesgerichtshof zur Übernahme von Teilen eines Exklusivinterviews in Fernsehsendungen eines konkurrierenden Senders
Der Bundesgerichtshof hatte über die Frage der Zulässigkeit der Übernahme von Teilen eines Exklusivinterviews in Fernsehsendungen eines konkurrierenden Senders zu entscheiden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Parteien sind private Fernsehunternehmen. Die Klägerin führte Exklusivinterviews mit Liliana M. über sich und ihre Ehe mit dem ehemaligen Fußballnationalspieler Lothar M. Die Klägerin strahlte die Interviews am 26. Juli 2010 sowie am 2. August 2010 in ihrer Sendung "STARS & Stories" aus. Nachdem die Beklagte sich zuvor jeweils vergeblich bei der Klägerin um eine Zustimmung zu der Nutzung dieser Interviews bemüht hatte, verwendete sie daraus verschiedene Ausschnitte unter Angabe der Quelle am 1. und 3. August 2010 in ihrer Sendung "Prominent".
Vorinstanzen geben Schadensersatzklage statt
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Schutzrechte als Sendeunternehmen. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
Übernahme von Teilen des Originalinterviews greift in Leistungsschutzrecht der Klägerin ein
Auf die gegen das Urteil des Oberlandesgerichts eingelegte Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Beklagte durch die Übernahme von Teilen der von der Klägerin in den Sendungen "STARS & stories" ausgestrahlten Interviews in das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende Leistungsschutzrecht eingegriffen hat. Die vom Oberlandesgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen jedoch nicht seine Annahme, die Eingriffe in das Leistungsschutzrecht der Klägerin habe die Beklagte widerrechtlich vorgenommen.
Einholen der Zustimmung der Klägerin für Ausstrahlung des Bildmaterials für Beklagte zumutbar
Allerdings kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die urheberrechtliche Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG)* berufen. Diese Schrankenregelung soll die anschauliche Berichterstattung über aktuelle Ereignisse in den Fällen, in denen Journalisten oder ihren Auftraggebern die rechtzeitige Einholung der erforderlichen Zustimmung des Rechteinhabers noch vor dem Abdruck oder der Sendung eines aktuellen Berichts nicht möglich oder nicht zumutbar ist, dadurch erleichtern, dass sie die Nutzung geschützter Werke, die im Verlauf solcher Ereignisse wahrnehmbar werden, ohne den Erwerb entsprechender Nutzungsrechte und ohne die Zahlung einer Vergütung erlaubt. Im Streitfall war es der Beklagten jedoch möglich und zumutbar, vor der Übernahme des in Rede stehenden Bildmaterials um die Zustimmung der Klägerin nachzusuchen. Zudem erlaubt § 50 UrhG keine Berichterstattung, die die urheberrechtlich geschützte Leistung - hier die Interviewsendungen der Klägerin - selbst zum Gegenstand hat. Die Leistung muss vielmehr bei einem anderen Ereignis in Erscheinung treten.
Berufen auf Zitatrecht im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen
Aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Beklagte auf das
Erläuterungen
* - § 50 UrhG lautet:
Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.
** - § 51 UrhG lautet:
Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck des Zitats, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. [... ]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.12.2015
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online
- Landgericht Hamburg, Urteil vom 13.09.2011
[Aktenzeichen: 310 O 480/10] - Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 27.02.2014
[Aktenzeichen: 5 U 225/11]
- Öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt sendet Filme ohne Fernsehsenderechte zu besitzen
(Landgericht München I, Urteil vom 15.02.2007
[Aktenzeichen: 7 O 21384/03]) - LG München I: ARD-Anstalten müssen Grafikerin als Urheberin des "Tatort"-Vorspanns nennen
(Landgericht München I, Urteil vom 25.03.2010
[Aktenzeichen: 21 O 11590/09])
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Dokument-Nr. 22024
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