Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.07.2006
- X ZR 142/05 -
Wasserrutschen-Unfall: BGH zur Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters bei Hotelanlagen
Grundsatzentscheidung zu Prüfungspflichten von Reiseunternehmen
Reiseveranstalter müssen sicherstellen, dass ihre Vertragshotels den Sicherheitsstandards genügen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Die Karlsruher Richter hatten über einen Fall der Verkehrssicherungspflicht eines Reiseveranstalters zu entscheiden. Die Vorinstanzen sprachen der Familie eines auf einer Wasserrutsche tödlich verunglückten Kindes Schadensersatz zu. Diese Entscheidung wurde nun vom BGH bestätigt.
Kläger sind die Angehörigen eines elfjährigen Kindes, das auf einer Pauschalreise der Familie in Griechenland bei der Benutzung einer auf dem Hotelgelände stehenden Wasserrutsche ertrank, weil es mit dem Arm in ein Absaugrohr geraten war und sich nicht befreien konnte. Die Öffnungen der Absaugrohre waren nicht mit einem Schutzgitter abgedeckt; der Hoteleigentümer hatte die Wasserrutsche ohne Baugenehmigung errichtet. Die Mutter - die auch aufgrund abgetretenen Anspruchs des Vaters handelt - und die Brüder des Kindes, die alle an posttraumatischen Belastungsstörungen mit Krankheitswert leiden, haben den Reiseveranstalter auf Schmerzensgeld verklagt, weil dieser seine Pflicht verletzt habe, die Sicherheit der Hoteleinrichtungen zu überprüfen.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben und jedem Familienmitglied jeweils 20.000,-- € zuerkannt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des beklagten Reiseveranstalters zurückgewiesen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Reiseveranstalter eine Verkehrssicherungspflicht, die ihn verpflichtet, seine Vertragshotels und deren Einrichtungen darauf zu überprüfen, ob sie einen ausreichenden Sicherheitsstandard bieten. Bei der inmitten des Hotelkomplexes gelegenen Wasserrutsche handelte es sich aus der - maßgeblichen - Sicht der Reisenden um eine zum Leistungsangebot des Reiseveranstalters gehörende Hoteleinrichtung, auch wenn die Rutsche in der im Reisekatalog des Veranstalters enthaltenen Hotelbeschreibung nicht erwähnt war und der Hotelbetreiber für die Benutzung ein gesondertes Entgelt verlangte. Der Reiseveranstalter hätte deshalb die Sicherheit der Rutsche prüfen müssen.
Diese Prüfungspflicht hat er verletzt. Denn auf jeden Fall hätte er sich danach erkundigen müssen, ob die Anlage genehmigt und von der zuständigen Behörde abgenommen worden war.
Diese Sachlage spricht dafür, dass dann der Tod des Kindes und die dadurch verursachten psychischen Beeinträchtigungen der Eltern und Geschwister vermieden worden wären. Für einen anderen Geschehensablauf ist dem Vortrag der Beklagten nichts zu entnehmen.
Da deren seelische Störungen nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen der Vorinstanzen ein pathologisches Ausmaß angenommen und somit die Angehörigen einen deliktsrechtlich ersatzfähigen eigenen Gesundheitsschaden erlitten haben, können sie Schmerzensgeld verlangen. Dessen Bemessung war Sache der tatrichterlich urteilenden Vorinstanzen und ist von der Revision auch nicht beanstandet worden.
Werbung
BGB §§ 651 f, 823 Abs. 1
Die Verkehrssicherungspflicht des Reiseveranstalters erstreckt sich auch auf solche Einrichtungen des Vertragshotels, die er im Reisekatalog nicht erwähnt hat, sofern sie aus der Sicht des Reisenden als Bestandteil der Hotelanlage erscheinen. Dies gilt auch, wenn der Hotelbetreiber für die Benutzung der Einrichtung ein gesondertes Entgelt erhebt.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.07.2006
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof (pm)
- Landgericht Köln, Urteil vom 17.03.2005
[Aktenzeichen: 8 O 264/04] - Haftung des Reiseveranstalters bei tödlichem Badeunfall
(Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 12.09.2005
[Aktenzeichen: 16 U 25/05])
Jahrgang: 2006, Seite: 2176 DB 2006, 2176 | Zeitschrift für das gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht (FamRZ)
Jahrgang: 2006, Seite: 1517 FamRZ 2006, 1517 | Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR)
Jahrgang: 2007, Seite: 258 MDR 2007, 258 | Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW)
Jahrgang: 2006, Seite: 3268 NJW 2006, 3268 | Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (NZV)
Jahrgang: 2006, Seite: 649 NZV 2006, 649 | Zeitschrift: Reiserecht aktuell (RRa)
Jahrgang: 2006, Seite: 206 RRa 2006, 206 | Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR)
Jahrgang: 2006, Seite: 1653 VersR 2006, 1653
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 2697
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil2697
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.