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Bundessozialgericht, Urteil vom 24.10.2019
- B 9 SB 1/18 R -
Kein Anspruch auf Merkzeichen Bl (für Blindheit) bei Stoffwechselstörung
Blindheit im Schwerbehindertenrecht erfasst keine gnostischen - neuropsychologischen - Störungen des visuellen Erkennens
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass schwerst Hirngeschädigte, die zu keiner differenzierten Sinneswahrnehmung im Stande sind, die gesundheitlichen Voraussetzungen für Merkzeichen Bl (Blindheit) nicht erfüllen.
Die 2007 geborene Klägerin des zugrunde liegenden Falls leidet seit ihrer Geburt an einer ausgeprägten Stoffwechselstörung (nichtketotische Hyperglycinämie). Bei ihr besteht Pflegebedürftigkeit nach der Stufe III (jetzt Pflegegrad 5). Der Grad der Behinderung (GdB) ist mit 100 festgestellt. Die Merkzeichen H, B, G, aG und RF sind ihr zuerkannt, nicht hingegen Merkzeichen Bl.
Vorinstanzen sehen Voraussetzungen für Merkzeichen Bl als erfüllt an
Die Vorinstanzen haben das beklagte Land antragsgemäß verurteilt, die
Gesundheitliche Merkmale für Merkzeichen werden im Schwerbehindertenrecht nur nach medizinischen Gesichtspunkten erfasst
Das Bundessozialgericht wies auf die Revision des beklagten Landes die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Die Unfähigkeit zur Sinneswahrnehmung, die aus einer visuellen Agnosie oder anderen gnostischen Störungen resultiert, reicht nicht zur Annahme von Blindheit nach Teil A Nummer 6 Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung. Behinderungen und ebenso die gesundheitlichen Merkmale für Merkzeichen werden im Schwerbehindertenrecht unter ausschließlich medizinischen Gesichtspunkten getrennt nach Organ- und Funktionseinheiten erfasst und anschließend insgesamt in ihren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft bewertet. Blindheit ist danach beschränkt auf Störungen des Sehapparats und erfasst keine gnostischen - neuropsychologischen - Störungen des visuellen Erkennens. Für diese stehen im Schwerbehindertenrecht - wie hier - die gesundheitlichen Merkmale für andere Merkzeichen passgenau zur Verfügung.
Wegen fehlender Feststellungen zur Rindenblindheit als einer weiteren möglichen Störung des Sehorgans hat der Senat die Sache zurückverwiesen.
Hinweis auf Rechtsvorschriften
Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (AnlVersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl I 2008, 2412, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.7.2017 BGBl I 2541)
Teil A Nr. 6
Blindheit und hochgradige Sehbehinderung
a) Blind ist ein behinderter Mensch, dem das Augenlicht vollständig fehlt. Als blind ist auch ein behinderter Mensch anzusehen, dessen Sehschärfe auf keinem Auge und auch nicht beidäugig mehr als 0,02 (1/50) beträgt oder wenn andere Störungen des Sehvermögens von einem solchen Schweregrad vorliegen, dass sie dieser Beeinträchtigung der Sehschärfe gleichzustellen sind.
b) Eine der Herabsetzung der Sehschärfe auf 0,02 (1/50) oder weniger gleich zusetzende Sehbehinderung liegt nach den Richtlinien der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft bei folgenden Fallgruppen vor:
aa) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes [...]
bb) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes [...]
cc) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes [...]
dd) bei einer Einengung des Gesichtsfeldes [...]
ee) bei großen Skotomen im zentralen Gesichtsfeldbereich [...]
ff) bei homonymen Hemianopsien [...]
gg) bei bitemporalen oder binasalen Hemianopsien [...]
c) Blind ist auch ein behinderter Mensch mit einem nachgewiesenen vollständigen Ausfall der Sehrinde (Rindenblindheit), nicht aber mit einer visuellen Agnosie oder anderen gnostischen Störungen.
[...]
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.10.2019
Quelle: Bundessozialgericht/ra-online (pm/kg)
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Dokument-Nr. 28004
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