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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 07.04.2015
- 1 BvR 1432/10 -
Doppelbelastung durch Erbschaft- und Einkommensteuer bei Vererbung von Zinsansprüchen verfassungsgemäß
Gesetzgeber darf aufgrund der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer unberücksichtigt lassen
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es aufgrund der Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis des Gesetzgebers mit dem Gebot der steuerlichen Lastengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar ist, eine später entstehende Einkommensteuer bei der Berechnung der Erbschaftsteuer in dieser Konstellation unberücksichtigt zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat daher eine Verfassungsbeschwerde gegen die Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer bei der Vererbung von Zinsansprüchen mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen.
Der Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Verfahrens ist Alleinerbe seines im Jahr 2001 verstorbenen Bruders. Zum Nachlass von rund 15 Mio. DM gehörten auch bereits aufgelaufene, aber erst im Jahr 2002 fällige Zinsansprüche in Höhe von rund 190.000 DM. Im Jahr 2002 wurde hierfür bei dem Beschwerdeführer
Keine Verletzung der Erbrechtsgarantie
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG durch die hier erfolgte Kumulation von Einkommen- und Erbschaftsteuer zu Lasten des Beschwerdeführers nicht verletzt wird. Bei der hier vorliegenden Gesamtsteuerbelastung von rund 4,8 Mio. DM und einem Nachlasswert von mindestens 15 Mio. DM kann von ökonomischer Sinnlosigkeit des Vererbens keine Rede sein. Auf die vom Beschwerdeführer als übermäßig gerügte Steuerbelastung allein der Stückzinsansprüche könnte es nur bei einer völlig atypischen separaten Vererbung der Zinserträge ankommen, die der Erblasser durch entsprechende Gestaltung problemlos vermeiden kann. Angesichts seiner Typisierungsbefugnis muss der Gesetzgeber für diesen Fall keine besondere Regelung vorsehen.
Typisierung und Pauschalierung unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung der Verwaltungstätigkeit gerechtfertigt
Auch Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, wenn die
Voraussetzungen für zulässige Typisierung und Pauschalierung erfüllt
Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Bei der Bestimmung des Nachlasswerts werden nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs Einkommensteuerverbindlichkeiten dann als Nachlassverbindlichkeiten berücksichtigt, wenn noch der Erblasser sämtliche einkommensteuerrelevanten Tatbestände verwirklicht hat. Damit orientiert sich der Gesetzgeber an dem typischen Fall, wonach der Erblasser das zum Nachlass gehörende Vermögen bereits versteuert hat oder aber das Entstehen seiner Einkommensteuerschuld nur noch vom Ablauf des Veranlagungszeitraums abhängt. Verzichtet der Gesetzgeber auf eine Sonderregelung für den speziellen Fall, dass zum Nachlass Forderungen gehören, die erst mit ihrem späteren Zufluss beim Erben einkommensteuerpflichtig werden, ist dies im Ausgangspunkt eine jeder gesetzlichen Regelung immanente Verallgemeinerung.
Verallgemeinerung bewirkt Entlastung des Rechtsanwenders
Durch diese Verallgemeinerung wird eine Entlastung des Rechtsanwenders erreicht, weil es im Rahmen der Erbschaftsteuerfestsetzung nicht notwendig ist, Berechnungen zu der künftigen Einkommensteuerbelastung anzustellen. Eine solche Berechnung birgt gerade in Fällen, in denen es nicht mehr der Erblasser ist, der sämtliche einkommensteuerrelevanten Tatbestände erfüllt, nicht zu vernachlässigende Schwierigkeiten. Zum Todestag des Erblassers steht die
Mehrbelastung in Relation zur Gesamtbelastung gestellt werden
Die Vereinfachungseffekte stehen - jedenfalls bei den hier ausschließlich zu beurteilenden Zinsansprüchen - im rechten Verhältnis zu der hiermit notwendig verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung. Zwar zeigt der Fall des Beschwerdeführers, dass es bei absolut sehr hohen Erbschaften mit einem großen Anteil an Wertpapieren und sich hieraus ergebenden Zinsansprüchen zu einer für sich genommen hohen Mehrbelastung kommen kann. Bei der Beurteilung des Maßes an Ungleichheit muss aber die Mehrbelastung in Relation zur Gesamtbelastung gesehen werden. Diese erscheint hier - mit rund 0,65 % - als vernachlässigbar.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.05.2015
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 21039
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