Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 22.09.2011
- C-244/10 und C-245/10 -
EuGH: Weiterverbreitung von Sendungen in kurdischer Sprache durch Roj TV in Deutschland weiterhin möglich
Betätigung der dänischen Gesellschaft in Deutschland als Verein darf durch BRD verboten werden
Deutschland kann die Weiterverbreitung von Sendungen in kurdischer Sprache, die Roj TV von Dänemark aus ausstrahlt, in seinem Hoheitsgebiet nicht verhindern. Soweit die Weiterverbreitung dieser Sendungen nicht verhindert wird, kann Deutschland jedoch die Betätigung von Roj TV und von Mesopotamia Broadcast als Vereine in seinem Hoheitsgebiet verbieten. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
Die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“* soll die Beschränkungen der Freiheit, innerhalb der Union Fernsehsendungen auszustrahlen, aufheben. Die Richtlinie bestimmt, dass die Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, für die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der in ihrem Hoheitsgebiet ansässigen Fernsehveranstalter zu sorgen. Sie haben insbesondere zu gewährleisten, dass die Sendungen nicht zu Hass aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion oder Nationalität aufstacheln. Außerdem können die Mitgliedstaaten nicht die Weiterverbreitung von Sendungen, die von Fernsehveranstaltern mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat ausgestrahlt werden, in ihrem Hoheitsgebiet aus Gründen beschränken, die mit der Aufstachelung zu Hass in Zusammenhang stehen; deren Beurteilung ist nach der Richtlinie diesem anderen Mitgliedstaat vorbehalten.
Sachverhalt
Die dänische Gesellschaft Mesopotamia Broadcast hält in Dänemark mehrere Fernsehlizenzen. Sie betreibt den
Im Jahr 2008 untersagten die deutschen Behörden Mesopotamia Broadcast, sich durch Roj TV in
Bundesverwaltungsgericht erbittet Entscheidung des EuGH hinsichtlich der Zulässigkeit des Verbots der Tätigkeit von Mesopotamia Broadcast und von Roj TV durch deutsche Behörden
Die beiden Gesellschaften haben unter Berufung darauf, dass aufgrund der Richtlinie allein Dänemark ihre Tätigkeit kontrollieren dürfe, in
Mesopotamia Broadcast und Roj TV tragen zur Aufheizung der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen türkischen und kurdischen Volkszugehörigen in der Türkei bei
In seinem Urteil nimmt der Gerichtshof eine Auslegung des Begriffs der Aufstachelung zu Hass vor, der mit dem Ziel in die Richtlinie aufgenommen wurde, jegliche menschenverachtende Ideologie, insbesondere Bestrebungen, Gewalt durch Terroranschläge gegen eine bestimmte Personengruppe zu verherrlichen, zu verhindern. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts tragen Mesopotamia Broadcast und Roj TV dazu bei, die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen türkischen und kurdischen Volkszugehörigen in der Türkei anzuheizen und die Spannungen zwischen den in
Kontrolle möglicher Aufstachelung zum Hass obliegt dänischen Behörden
Allerdings betont der Gerichtshof, dass im vorliegenden Fall allein die dänischen Behörden dafür zuständig sind, zu prüfen, ob dieses Verhalten tatsächlich eine Aufstachelung zu Hass darstellt, und dafür zu sorgen, dass in den Sendungen von Roj TV eine solche Aufstachelung nicht enthalten ist.
Mitgliedsstaaten dürfen Weiterverbreitung von Sendungen aus anderem Mitgliedstaat in eigenem Hoheitsgebiet nicht beschränken
Sodann weist der Gerichtshof darauf hin, dass die Mitgliedstaaten Rechtsvorschriften erlassen können, die der öffentlichen Ordnung dienen und nicht speziell die Ausstrahlung und Verbreitung von Programmen betreffen. Hingegen sind die Mitgliedstaaten nicht berechtigt, die Weiterverbreitung von Sendungen aus einem anderen Mitgliedstaat in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken.
Nicht ausgestrahlte Fernsehsendungen, sondern Tätigkeit des Fernsehsenders in seiner Eigenschaft als Verein verboten
Insoweit stellt der Gerichtshof fest, dass die angefochtenen Maßnahmen nach den von der deutschen Regierung übermittelten Informationen nicht die Weiterverbreitung der von Roj TV veranstalteten Fernsehsendungen in
Verbotener Verein darf sich künftig in Deutschland nicht mehr betätigen
Vor diesem Hintergrund sind der Empfang und die private Nutzung des Programms von Roj TV in
Mögliche Verhinderung der Weiterverbreitung der Programme in Deutschland muss geprüft werden
Die Antwort des Gerichtshofs lautet daher, dass die gegenüber Mesopotamia Broadcast und Roj TV getroffenen Maßnahmen grundsätzlich kein Hindernis für die Weiterverbreitung der durch Roj TV von Dänemark aus ausgestrahlten Programme darstellen. Gleichwohl hat das vorlegende Gericht zu prüfen, ob die konkreten Wirkungen, die sich aus der Verbotsverfügung ergeben, nicht in der Praxis die Weiterverbreitung dieser Programme in
Erläuterungen
* - Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23) in der durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 (ABl. L 202, S. 60) geänderten Fassung.
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.09.2011
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
- BVerwG legt EuGH Frage zur Verbotsverfügung gegen kurdischen Fernsehsender durch deutsche Behörde vor
(Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.02.2010
[Aktenzeichen: BVerwG 6 A 6.08 und BVerwG 6 A 7.08]) - Kurdischer Fernsehsender darf trotz Verbotsverfügung des Bundesministerium des Innern weiterhin in Deutschland sein Programm ausstrahlen
(Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.05.2009
[Aktenzeichen: 6 VR 3.08 und 6 VR 4.08])
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 12324
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil12324
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.