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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 22.03.2012
- 45071/09 und 23338/09 -
Abweisung von Klagen mutmaßlich leiblicher Väter zur Anfechtung der Vaterschaft verstößt nicht gegen Europäische Menschenrechtskonvention
Gesetzgeber darf bestehendem Familienverband zwischen Kind und rechtlichem Vater Vorrang vor Beziehung zwischen Kind und leiblichem Vater einräumen
Die Abweisung von Klagen mutmaßlicher leiblicher Väter zur Anfechtung einer Vaterschaft durch deutsche Gerichte stellt keine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Artikel 8) und auch keine Verletzung des Diskriminierungsverbot (von Artikel 8 in Verbindung mit Artikel 14) der Europäischen Menschenrechtskonvention dar. Biologische Väter haben demnach keinen Anspruch auf Anerkennung der Vaterschaft, sofern das Kind einen anderen juristischen Vater hat. Dies entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte.
Der Beschwerdeführer im ersten Verfahren, Denis Ahrens, geboren 1970, lebt in Berlin. Der Beschwerdeführer im zweiten Verfahren, Heiko Kautzor, geboren 1971, lebt in Willich. Beide sind deutsche Staatsangehörige.
Sachverhalt im Fall Denis Ahrens
Denis Ahrens ging davon aus,
Kammergericht Berlin verneint Recht auf Anfechtung der Vaterschaft von Herrn M.
Nach Anhörung aller Parteien stellte das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg mit Urteil vom April 2007 fest, dass Denis Ahrens leiblicher
Sachverhalt im Fall Heiko Kautzor
Heiko Kautzor ging davon aus,
Deutsche Gerichte weisen Abstammungsuntersuchung zurück und verneinen Anspruch auf Anfechtung der Vaterschaft von Herrn E.
Im Juli 2006 reichte er beim Amtsgericht Bielefeld Klage auf Feststellung seiner
Väter fühlen sich durch Entscheidungen der Gerichte diskriminiert und reichen Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein
Unter Berufung auf Artikel 8 für sich genommen und in Verbindung mit Artikel 14 rügten beide Beschwerdeführer die Entscheidungen der deutschen Gerichte, ihre Klagen zur
EGMR bejaht Eingriff in Recht auf Achtung des Privatlebens, verneint jedoch Eingriff in Recht auf Achtung des Familienlebens
In beiden Fällen kam der Gerichtshof zu der Auffassung, dass die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die Anträge der Beschwerdeführer auf Feststellung der rechtlichen
In einem anderen Fall, Anayo gegen Deutschland, hatte der Gerichtshof eine Verletzung von Artikel 8 aufgrund der Weigerung der deutschen Gerichte festgestellt, einem Mann Umgang mit seinen leiblichen Kindern zu gewähren, da er nie eine sozial-familiäre Bindung zu ihnen gehabt habe. Die von Denis Ahrens und Heiko Kautzor erhobenen Klagen hatten jedoch ein weitreichenderes Ziel: Sie waren auf ihre vollständige Anerkennung als rechtlicher
In der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten besteht Möglichkeit zur Anfechtung von Vaterschaftsanerkennung
Der Gerichtshof stellte fest, dass einer von ihm durchgeführten rechtsvergleichenden Untersuchung zufolge mutmaßliche biologische Väter in einer Mehrheit der Mitgliedstaaten des Europarats die Möglichkeit haben, die – durch Vaterschaftsanerkennung festgestellte -
Entscheidungen der deutschen Gerichte zielten auf Wohl des Kindes ab
Zwar hatten die Beschwerdeführer Anspruch auf Schutz ihres Interesses an der Feststellung eines wesentlichen Gesichtspunktes ihres Privatlebens und an dessen rechtlicher Anerkennung. Die Entscheidungen der deutschen Gerichte hatten aber darauf abgezielt, dem Willen des Gesetzgebers zu entsprechen, einem bestehenden Familienverband zwischen dem betroffenen Kind und seinem rechtlichen
Feststellen der biologischen Vaterschaft ohne gleichzeitige Anfechtung der Vaterschaft des rechtlichen Vaters nicht vorgesehen
Im Hinblick auf den Fall Kautzor stellte der Gerichtshof fest, dass keiner der 26 Mitgliedstaaten, die er in seiner rechtsvergleichenden Untersuchung berücksichtigt hatte, ein Verfahren vorsieht, um die biologische
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nicht verletzt
Der Gerichtshof zeigte sich darüber hinaus überzeugt, dass die deutschen Gerichte die jeweilige Situation in beiden Fällen sorgfältig geprüft hatten. Folglich lag in beiden Fällen keine Verletzung von Artikel 8 vor.
Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot im Hinblick auf das Wohl des Kindes nicht verletzt
Der Gerichtshof stellte fest, dass der Hauptgrund für die Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer im Vergleich zur Mutter, zum rechtlichen
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.03.2012
Quelle: Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte/ra-online
- Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte stärkt Rechte von leiblichen Vätern im Umgang mit ihren Kindern
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 15.09.2011
[Aktenzeichen: 17080/07]) - Kuckuckskinder: Mutter ist Scheinvater gegenüber zur Auskunft über leiblichen Vater verpflichtet
(Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.11.2011
[Aktenzeichen: XII ZR 136/09]) - EGMR: Biologischer Vater hat Anspruch auf Umgang mit seinen Kindern
(Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 21.12.2010
[Aktenzeichen: 20578/07])
Jahrgang: 2013, Seite: 1937 NJW 2013, 1937
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Dokument-Nr. 13227
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