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Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 12.04.2011
L 13 R 203/11 -

Heirat auf dem Sterbebett: Kein Anspruch auf Witwenrente bei Versorgungsheirat

Versorgung des Ehegatten nach dem Tod als tragendes Motiv für kurzfristige Heirat lässt auf Versorgungsehe schließen

Dient die erst kurz vor dem Tod des Versicherten geschlossene Ehe vor allem der Versorgung des hinterbliebenen Ehegatten, erhält dieser keine Hinter­bliebenen­rente. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg.

Im zugrunde liegenden Streitfall hatte die Klägerin mit ihrem zuletzt unheilbar an Krebs erkrankten Lebensgefährten bereits seit fast 30 Jahren im Raum Stuttgart zusammengelebt. Dieser hatte sich aber nie zu einer Scheidung von seiner ersten Ehefrau entschließen können. Erst auf dem Sterbebett entschloss sich der Versicherte, seine persönlichen Verhältnisse zu regeln und seine Lebensgefährtin zu heiraten. Gegen Zahlung einer sechsstelligen Abfindung war die erste Ehefrau bereit, einer kurzfristigen Scheidung zuzustimmen. Noch am Tag der Scheidung erfolgte die Heirat im Krankenhaus. Zuvor hatte der Versicherte seinen Nachlass umfassend geregelt und dabei auch die Klägerin mit erheblichen Vermögenswerten bedacht. An eine Witwenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung habe man seinerzeit aber nicht gedacht, erklärte die Witwe später gegenüber dem Rentenversicherungsträger. Eine so genannte Versorgungsehe, die bei Ehezeiten unter einem Jahr Ansprüche auf Hinterbliebenenrente ausschließt, liege deshalb nicht vor.

Sofern Hochzeit vorrangig aus Versorgungsgesichtspunkten erfolgt, ist von Versorgungsehe auszugehen

Diese Argumentation überzeugte die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg nicht. Entscheidend sei allein, ob die Hochzeit vorrangig aus Versorgungsgesichtspunkten erfolge. Auf die Art der Versorgung komme es hingegen nicht an. Deshalb liege eine Versorgungsehe auch dann vor, wenn die Versorgung der Hinterbliebenen - wie hier - durch Übertragung privater Vermögenswerte erfolge. Dem Verstorbenen sei es aufgrund der beachtlichen Zuwendungen zu Lebzeiten und von Todes wegen erkennbar um die Versorgung der Klägerin für die Zeit nach seinem Tod gegangen. Dies sei auch tragendes Motiv für die Heirat mit der Klägerin gewesen. Deshalb habe eine Versorgungsehe vorgelegen; unerheblich sei, dass der Verstorbene und die Klägerin bei der Heirat die Witwenrente und ihre Höhe nicht in ihre Überlegungen eingestellt hätten.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung

§ 46 Witwenrente und Witwerrente

(1) Witwen oder Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, haben nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Der Anspruch besteht längstens für 24 Kalendermonate nach Ablauf des Monats, in dem der Versicherte verstorben ist.

(2a) Witwen oder Witwer haben keinen Anspruch auf Witwenrente oder Witwerrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.05.2011
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online

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Fundstellen in der Fachliteratur: Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS)
Jahrgang: 2012, Seite: 386
NZS 2012, 386

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Dokument-Nr.: 11589 Dokument-Nr. 11589

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