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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 18.09.2019
L 15 AS 200/19 B ER -

Weniger als zehn Kilometer Arbeitsweg mit Rad für Hartz IV-Empfänger zumutbar

Jobcenter kann bei einer Strecke unter zehn Kilometern auf das Fahrrad verweisen

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass Empfängern von Grund­sicherungs­leistungen Wegstrecken von weniger als 10 km mit dem Fahrrad zumutbar sind.

Zugrunde lag der Fall eines 28-jährigen Mannes. Er wohnt in der Bremer Innenstadt und absolviert eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in einem Einkaufszentrum im Bremer Umland. Den 35 km langen Weg zur Arbeit fuhr er bislang mit dem Auto seines Vaters. Dieser war nun selbst auf den Wagen angewiesen. Eine Fahrzeugfinanzierung durch Bankkredit war wegen einer Privatinsolvenz des Mannes nicht möglich.

Jobcenter lehnte Antrag auf Fördergeld für Autokauf ab

Beim Jobcenter beantragte er 4.500 Euro Fördergeld um seiner Tante deren Wagen abkaufen zu können. Dies sei erforderlich, da er im rotierenden Schichtmodell bis 20 Uhr und beim Late-Night-Shopping bis 22 Uhr arbeite. Öffentliche Verkehrsmittel könne er um diese Zeit nicht mehr benutzen. Der örtliche Bahnhof sei 5½ km entfernt und der letzte Bus dorthin fahre um 19 Uhr. Das Jobcenter lehnte eine Förderung ab, da der Mann nicht auf einen PKW angewiesen sei. Er könne den Bahnhof auch mit dem Fahrrad oder mit einer Fahrgemeinschaft erreichen.

LSG: Wegstrecke von weniger als 10 km mit dem Fahrrad zumutbar

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigte vorläufig die Rechtsauffassung des Jobcenters im Eilverfahren. Es sei dem Mann durchaus möglich, die Strecke zum Bahnhof auf dem Radweg entlang der Bundesstraße mit dem Rad zu fahren. Die Strecke habe keine nennenswerten Steigungen oder Gefahren. Es sei auch nicht zutreffend, dass Grundsicherungsempfänger generell nur auf den ÖPNV verwiesen werden könnten. Auch in den Wintermonaten und nach 20 Uhr sei es für einen erwachsenen, gesunden Leistungsempfänger zumutbar, ein- bis zweimal täglich eine Wegstrecke von weniger als 10 km mit dem Fahrrad zurück zu legen.

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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 08.10.2019
Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, ra-online (pm/ab)

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Dokument-Nr.: 27940 Dokument-Nr. 27940

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Kommentare (2)

 
 
Hubrach schrieb am 14.10.2019

Frechheit!

Die Richter sollten mal einen Tag Latenight mitmachen und dann in der Kombi Fahrrad+ÖNV nach Hause fahren. Das wäre bei dem Gehalt eines Richters zumutbar, um ohne Gutachten sowas als Zumutbar zu befinden zu können.

Jutta Sch schrieb am 09.10.2019

Ja, wer ni in Gefahr war, Hartz4 zu beantragen, der kann dieses Anliegen nicht verstehen.

Bei uns würde man nach 22 Uhr auch nicht mehr ins Umland kommen. Und die Frauen hatte liebe Ehemänner, die sie dann abgeholt haben oder umgekehrt.

Ich bin gespannt, was mir alles so blüht und zugemutet werden kann, wenn ich denn dann demnächst leider auch diese Grundsicherung beantragen muss.

Ich bedenke mich bei der Solidargemeinschaft !

Ich bedanke mich wirklich ehrlichen Herzens bei allen, die Arbeit haben dürfen und etwas können und Steuern zahlen.

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