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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.05.2021
- 13 MN 260/21 -
Beherbergungsverbot für auswärtige Touristen in Niedersachsen gekippt
Niedersächsische Corona-Verordnung ist rechtswidrig
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Eilbeschluss § 8 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz der Niedersächsischen Corona-Verordnung (im Folgenden: Corona-VO) vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Der Antragsteller, der in Nordrhein-Westfalen wohnt und ab dem 22. Mai 2021 einen Urlaubs-Aufenthalt in einer Ferienwohnung auf Borkum gebucht hat, hatte sich gegen das Verbot des § 8 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Corona-VO gewandt. Durch diese Vorschrift wird geregelt, dass sich Übernachtungs- und Vermietungsangebote in Hotels, Ferienwohnungen und -häusern, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen nur an Personen richten dürfen, die ihren Wohnsitz in Niedersachsen haben. Dies sei keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme und stelle eine Ungleichbehandlung dar.
Beherbergungsverbot für auswärtige Besucher ist rechtswidrig
Das OVG ist dieser Argumentation gefolgt. In Anwendung und Fortführung seiner Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit des Beherbergungsverbots nach der Niedersächsischen Corona-Beherbergungs- Verordnung vom 9. Oktober 2020 hat der Senat das grundsätzliche Verbot der Beherbergung von Personen ohne Wohnsitz in Niedersachsen zu touristischen Zwecken nicht mehr als notwendige Schutzmaßnahme angesehen. Das bloße Verbot der Beherbergung von auswärtigen Besuchern trage nur wenig zur Eindämmung des Infektionsgeschehens bei, da Tagestouristen trotzdem nach Niedersachsen kommen könnten, ohne einer Testpflicht zu unterliegen. Zudem seien von dem Verbot Beherbergungen durch Private, Beherbergungen zu anderen als touristischen Zwecken sowie die Nutzung von dauerhaft angemieteten oder im Eigentum befindlichen Immobilien und von dauerhaft abgestellten Wohnwagen, Wohnmobilen und ähnlichen Einrichtungen durch die Nutzungsberechtigten ausgenommen. Es sei zweifelhaft, ob die „Landeskinderregelung“ angesichts des beschränkten Nutzens erforderlich sei. Es gebe keine verlässlichen Daten, welche Zahl von infizierten Personen auf Reisen innerhalb des Bundesgebiets zurückzuführen seien.
Andere Maßnahmen als geeignetere Alternative
Durch die ohnehin bereits in der Verordnung vorgesehene Begrenzung auf 60 Prozent der Kapazität bei Hotels, Campingplätzen und ähnlichen Einrichtungen sowie die Wiederbelegungssperre von einem Tag für Ferienwohnungen und -häuser sei gewährleistet, dass es in den Unterkünften und an den Urlaubsorten nicht zu einem Aufkommen an Urlaubern komme, welches die Wahrung der Mindestabstände nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Corona-VO unmöglich mache. Hinzu komme, dass die beherbergten Personen bei Beginn der Nutzung einen negativen Corona-Test im Sinne des § 5 a Abs. 1 Corona-VO sowie darüber hinaus mindestens zwei Tests pro Woche durchzuführen und dies dem Vermieter oder Betreiber nachzuweisen hätten (§ 8 Abs. 7 Corona-VO). Dies stelle ein milderes, aber nahezu gleich effektives Mittel dar. Jedenfalls sei das Verbot unangemessen, da eine Abwägung insbesondere der Interessen der Betreiber von Beherbergungsbetrieben mit den zu erwartenden geringen Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen ergebe, dass die Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Nutzen stünden. Dies gelte erst recht, nachdem das Beherbergungsverbot auch für Geimpfte und Genesene greife.
Gericht stellt ungerechtfertigte Ungleichbehandlung fest
Darüber hinaus liege eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Personen mit einem Haupt- oder Nebenwohnsitz in Niedersachsen und solchen aus anderen Bundesländern vor. Wesentliche Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigten, bestünden nicht, zumal § 8 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz Corona-VO Übernachtungen von Personen aus niedersächsischen Gebieten mit hoher Inzidenz und weite Anreisen innerhalb Niedersachsens ermögliche, die mit Blick auf das Infektionsrisiko gefährlicher sein können als verbotene Übernachtungen von Personen zum Beispiel aus Hamburg (7-Tages-Inzidenz: 42) oder Schleswig-Holstein (7-Tages-Inzidenz: 33).
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 20.05.2021
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/aw)
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Dokument-Nr. 30285
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