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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 18.01.2023
- 4 U 249/21 -
Tierhalterhaftung erfasst auch erst durch helfendes Eingreifen des Menschen verursachte Schäden
Unmittelbar durch das Tier bewirkte Verletzung nicht entscheidend
Der Halter eines Tieres haftet nicht nur für unmittelbar durch das Tier verursachte Verletzungen. Die Tierhalterhaftung erfasst vielmehr auch Fälle, in denen ein Mensch sich aufgrund der vom Tier herbeigeführten Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit Entscheidung den Halter eines Hundes dem Grunde nach zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt, da dieser den Kater der Klägerin angegriffen hatte. Beim Versuch, die Tiere zu trennen, stürzte die Klägerin.
Die Parteien sind Nachbarn. Sie räumten im Januar 2017 gleichzeitig Schnee von ihren Grundstücken. Unter dem Neuschnee hatte sich auf dem klägerischen Grundstück eine vereiste Fläche gebildet. Der Hütehund des Beklagten gelangte während der Räumarbeiten auf das Grundstück der Klägerin. Ob die Klägerin nachfolgend stürzte, da der Hund des Beklagten den Kater der Klägerin angegriffen hatte, ist zwischen den Parteien streitig. Das Landgericht hatte nach Beweisaufnahme die auf Schmerzensgeld und Feststellung der Einstandspflicht für weitere Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin stellte das OLG dagegen fest, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zustehe.
OLG bejahrt Tierhalterhaftung nach Grundsätzen der sog. Tiergefahr
Der Beklagte hafte nach den Grundsätzen der sog.
Auch durch helfendes Eingreifen verursachte Schäden erfasst
Als Halter des Hundes habe der Beklagte damit für die erlittenen Schäden einzustehen. Die verschuldensunabhängige Haftung des Tierhalters bestehe bereits, wenn eine Verletzung „adäquat kausal auf ein Tierverhalten zurückzuführen ist“. Es komme nicht auf eine unmittelbar durch das Tier bewirkte Verletzung an. Ausreichend sei, „wenn sich ein Mensch durch die von dem Tier herbeigeführte Gefahr zu helfendem Eingreifen veranlasst sieht“, betont das OLG. So liege es hier. Die Klägerin habe sich durch den Angriff des Hundes dazu veranlasst gesehen, dem Kater zur Hilfe zu eilen. Auch wenn es angesichts der winterlichen Verhältnisse aus objektiver Sicht unklug gewesen sei, sich schnell auf die Tiere zuzubewegen, sei es doch eine völlig naheliegende Reaktion gewesen. Der Höhe nach ist über die erlittenen Verletzungen noch Beweis zu erheben, so dass das OLG zunächst nur die Haftung dem Grunde nach festgestellt hat. Die Anfechtbarkeit der Entscheidung hängt von der Wertfestsetzung des Revisionsgerichts ab.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2023
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/ab)
- Landgericht Gießen, Urteil vom 26.08.2021
[Aktenzeichen: 2 O 623/20]
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Dokument-Nr. 32632
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