Hier beginnt die eigentliche Meldung:
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.03.2009
- OVG 1 B 9.07 -
Moderne Hörhilfen müssen bei der Erteilung von Fahrerlaubnissen zur Fahrgastbeförderung an Schwerhörige berücksichtigt werden
Eignung muss in jedem Einzelfall geprüft werden
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat einer hochgradig schwerhörigen Klägerin die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung ("P-Schein", "Taxischein") unter Auflagen zugesprochen, weil sie mit Hilfe des ihr angepassten modernen volldigitalen Hörgeräts den hierfür bestehenden Anforderungen an die körperliche Eignung genüge.
Die Berliner Fahrerlaubnisbehörde hatte den Antrag auf Erteilung dieser Fahrerlaubnis abgelehnt, weil die einschlägigen Rechtsvorschriften die Eignung ausnahmslos ausschlössen, wenn der Hörverlust bei einer Messung ohne Hörhilfen 60 oder mehr Prozent betrage. Nach den bundesweit geltenden Begutachtungsleitlinien für die Kraftfahrereignung müsse der Hörverlust ohne Hörhilfen festgestellt werden, denn er könne durch Hörgeräte bislang nicht ausreichend zuverlässig kompensiert werden. Das Verwaltungsgericht war dieser Begründung gefolgt.
OVG gibt Kläger Recht - Hörgeräteakustik hat einen Quantensprung gemacht
Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr entschieden, dass die Eignung im jeweiligen Einzelfall geprüft werden muss, wenn es Anhaltspunkte für dessen Abweichung von der Regel gibt. Ein vom Gericht eingeholtes medizinisches Sachverständigengutachten hatte ergeben, dass die Hörgeräteakustik mit der Einführung volldigitaler Hörsysteme seit dem Jahre 2004 einen "Quantensprung" gemacht hat, der Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Hörhilfen nicht mehr zulässt. In Fällen, bei denen - wie im Fall der Klägerin - lediglich die Verstärkerzellen, nicht aber die Rezeptorzellen im Innenohr ausgefallen sind, kann mit solchen modernen Hörgeräten ein Sprachverständnis erreicht werden, das nahezu dem eines normal hörfähigen Menschen entspricht. Die Klägerin hatte sich darauf berufen, dass sie mit dem ihr angepassten Hörsystem besser höre, sich insbesondere mit Fahrgästen besser verständigen könne, als zu dem Zeitpunkt, in dem ihr bei mittelgradiger Schwerhörigkeit die Eignung zur Fahrgastbeförderung noch zuerkannt worden war. Ihr Sprachverständnis hat sich nicht nur durch das medizinische Gutachten, sondern auch in der mündlichen Verhandlung eindrucksvoll bestätigt. Die Fahrerlaubnisverordnung muss nach dem Urteil im Lichte der neuen Erkenntnisse und bezogen auf den Einzelfall großzügiger interpretiert werden, als es die bisherigen
Werbung
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.04.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Dokument-Nr. 7653
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil7653
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.