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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 23.02.2007
- 1 U 108/06 -
Bahnbetreiber haftet für ungesicherten Bahnübergang
Fehlverhalten von Reisenden ist einzukalkulieren
An einen Bahnübergang, der durch viele Reisende benutzt wird, sind höhere Anforderungen an die Sicherheit zu stellen. Allein das Aufstellen von Warnschildern reicht dann nicht. Dies geht aus einem Urteil des Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hervor, das den Bahnbetreiber für die Verletzung eines Reisenden durch einen Zug zur Mithaftung verurteilte.
Im zugrundeliegenden Fall beeilte sich ein Fahrradfahrer einen Zug zu erreichen. Der Bahnsteig an dem der Zug hielt war über eine Absenkung eines anderen Bahnsteigs erreichbar. Dazu musste das Gleis für die Gegenrichtung überquert werden. Der Zugang war nur mit Hinweisschildern gesichert. In diesem Abschnitt durften die Züge 40 km/h fahren. Der Fahrradfahrer stieß auf dem Übergang mit dem Zug der Gegenseite zusammen und wurde dabei schwer verletzt. Die Krankenversicherung des Fahrradfahrer verlangt von dem Bahnbetreiber, dass dieser 70 % des Schadens übernehme.
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein gab der Versicherung teilweise recht. Die Richter führten aus, dass ein Bahnbetreiber verpflichtet sei, die Reisenden und den Bahnverkehr zu sichern.
Bahnbetreiber muss mit Fehlverhalten von Reisenden rechnen
Bei der Zumutbarkeit von Verkehrssicherungsmaßnahmen zum Schutz Dritter sei auch ein nahe liegendes Fehlverhalten der Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen. Handele es sich bei dem nach dem Buchfahrplanheft mit einer zulässigen Geschwindigkeit von 40 km/h zu befahrenden Übergang um den einzigen Zugang zum Bahnsteig, der also von allen Reisenden, darunter auch Kindern und Jugendlichen, benutzt werde, müsse damit gerechnet werden, dass Reisende versuchen, schnell auf den Bahnsteig zu gelangen, um einen bald abfahrenden Zug zu erreichen, und dabei nicht hinreichend auf einen das vom Bahnsteigzugang überquerte Gleis befahrenden Zug achten.
Aufstellen von Warnschildern "Achtung Zugfahrt" reicht nicht aus
Der Bahnbetreiber müsse bei der Absicherung des Bahnsteigzugangs auch in Betracht ziehen, dass Kinder oder Jugendliche sich unvernünftig und fahrlässig verhalten, etwa um noch schnell einen wartenden Zug zu erreichen, und dabei dem Vorrang des Schienenverkehrs nicht ausreichend Beachtung schenkten. Das bloße Aufstellen von Warnschildern "Achtung Zugfahrt" vor dem Bahnsteigzugang stelle vor diesem Hintergrund keine hinreichend geeignete Maßnahme zum Schutz der Reisenden dar, führten die Richter aus.
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© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 16.06.2008
Quelle: ra-online
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Dokument-Nr. 6213
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