wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollst�ndig mit dem Standard HTML 5 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben 'verschluckt' hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen


kostenlose-Urteile.de
Donnerstag, 21. November 2024

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Bitte geben Sie Ihren Suchbegriff für die Urteilssuche ein:
unsere Urteilssuche



Logo des Deutschen Anwaltsregister (DAWR)

BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungsstern0/0/5(0)
Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Thüringer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 15.07.2020
VerfGH 2/20 -

Thüringer Verfassungs­gerichtshof: Paritätsgesetz nichtig

Richter sehen Nachteile für Wähler und Partei

Der Thüringer Verfassungs­gerichtshof hat entschieden, dass das Siebte Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes -Einführung der paritätischen Quotierung -(Paritätsgesetz) vom 30. Juli 2019 (GVBl 2019, S. 322) nichtig ist.

Antragsteller im zu Grunde liegenden Normenkontrollverfahren war die Fraktion der Alternative für Deutschland im Thüringer Landtag. Nach dem Paritätsgesetz wären Landeslisten für die Wahl zum Thüringer Landtag abwechselnd mit Frauen und Männer zu besetzen gewesen. Landeslisten wären zurückzuweisen gewesen, soweit sie dieser paritätischen Besetzung nicht entsprochen hätten. Personen, die im Personenstandsregister als ‚divers' registriert sind, hätten auf jedem Platz kandidieren können. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Begründung insbesondere ausgeführt: Die gesetzliche Verpflichtung der politischen Parteien, Landeslisten zur Wahl des Thüringer Landtags paritätisch zu besetzen, beeinträchtigt das Recht auf Freiheit und Gleichheit der Wahl nach Art. 46 Abs. 1 ThürVerf sowie das Recht der politischen Parteien auf Betätigungsfreiheit, Programmfreiheit und die Chancengleichheit der Parteien nach Art. 21 Abs. 1 GG als in das Landesverfassungsrecht hineinwirkendes Bundesverfassungsrecht. Diese Rechte erstrecken sich auch auf wahlvorbereitende Akte wie die Aufstellung von Listenkandidaten.

Richter sehen Nachteile für Wähler und Partei

Auf Grund des hier für nichtig erklärten Gesetzes wären die Wählerinnen und Wähler nicht mehr frei gewesen, durch Wahl einer anders besetzten Liste die Zusammensetzung des Landtags zu beeinflussen. Die Mitglieder der Parteien hätten nicht mehr die Freiheit, Kandidaten für Landeslisten unabhängig von deren Geschlecht zu wählen und sich selbst für jeden Listenplatz zu bewerben. Erhielte eine Partei, deren Liste teilweise zurückgewiesen wurde, auf Grund dessen weniger Mandate als ihr bei Berücksichtigung der für sie insgesamt abgegebenen Stimmen zustünden, wäre zudem der Erfolgswert dieser Stimmen gemindert. Die Parteien wären ferner in der Freiheit eingeschränkt, das eigene Personal zu bestimmen und ihr Programm mit einer spezifisch geschlechterbezogenen Besetzung der Listen zu untermauern. Mittelbar könnten den Parteien Nachteile dadurch entstehen, dass sie bei der Besetzung der Listen nicht das ihnen am besten geeignet erscheinende Personal einsetzen könnten. Diese Eingriffe hätten noch nicht zur Nichtigkeit des Gesetzes geführt, wenn sie durch die Verfassung selbst gerechtfertigt gewesen wären.

Die Regelungen des Paritätsgesetzes sind nicht gerechtfertigt

Dafür aber hätte es zwingender Gründe bedurft, also solcher Gründe, die nicht nur durch die Verfassung legitimiert, sondern auch von einem Gewicht sind, das den beeinträchtigten Rechten die Waage halten kann. Weder das Demokratieprinzip noch die vom Bundesverfassungsgericht als erforderlich betrachtete Sicherung der Wahl als Integrationsvorgang bei der politischen Willensbildung weisen ein solches Gewicht auf. Die Abgeordneten des Thüringer Landtags repräsentieren das Wahlvolk grundsätzlich in dessen Gesamtheit, nicht als Einzelne. Hingegen zielt die Sicherung der Wahl als Integrationsvorgang auf die Integration politischer Kräfte, jedoch nicht auf eine Integration von Frauen und Männern als Geschlechtergruppen. Die über Art. 3 Abs. 2 Satz 2 GG inhaltlich hinausreichende Verpflichtung zur Gleichstellung von Frauen und Männern nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf vermag zwar grundsätzlich auch Beeinträchtigungen der Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie der Chancengleichheit politischer Parteien zu rechtfertigen und steht auf derselben Rangstufe wie Art. 46 Abs. 1 ThürVerf und Art. 21 Abs. 1 GG als Teil des Landesverfassungsrechts. Gleichwohlkann Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf die Einführung einer Pflicht zur paritätischen Besetzung der Landeslisten nicht rechtfertigen. Der Entstehungsgeschichte, namentlich den Beratungen im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss einschließlich der Abstimmung über dort gestellte Anträge lässt sich entnehmen, dass der Verfassungsgeber Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf nicht als Recht-fertigung einer solchen Pflicht verstanden wissen wollte. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof darf (im Hinblick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz) der Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 ThürVerf keinen Bedeutungsgehalt beilegen, der nur im Wege einer förmlichen Verfassungsänderung nach Art. 83 ThürVerf in die Verfassung des Freistaats Thüringen eingeführt werden könnte.

Werbung

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.10.2020
Quelle: Thüringer Verfassungsgerichtshof, ra-online (pm/pt)

Aktuelle Urteile aus dem Wahlrecht
Urteile zu den Schlagwörtern: Paritätsgesetz

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Dokument-Nr.: 29349 Dokument-Nr. 29349

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/Urteil29349

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Schicken Sie uns Ihr Urteil!Ihre Kanzlei hat interessante, wichtige oder kuriose Fälle vor Gericht verhandelt?
Senden Sie uns diese Entscheidungen doch einfach für kostenlose-urteile.de zu. Unsere Redaktion schaut gern, ob sich das Urteil für eine Veröffentlichung eignet.
BewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertungssternBewertung: keine Bitte bewerten Sie diesen Artikel.0/0/5/0

Kommentare (0)

 
 

Werbung

Drucken
 
Sie brauchen Hilfe vom Profi?